09 / 11 / 2017
Investorentypen – Wer interessiert sich für mich? Wer passt zu mir? – Venture Loan-Geber

Wenn sich Startups mit der Finanzierung durch Investoren beschäftigen, sollte eine der ersten Fragen sein: welche Investorentypen kommen für mich überhaupt in Betracht? Wer interessiert sich für mich? Aber auch: wer passt zu mir? Wenn man an dieser Stelle seine Hausaufgaben nicht richtig macht, ist die Suche nach dem Geld zum Scheitern verurteilt.

Die komplette Reihe zur Startup-Finanzierung mit Investoren findest du am Ende dieses Beitrags

In den vergangenen Beiträgen dieser Reihe haben wir detaillierte Steckbriefe von Investoren erstellt, die Startups Kapital bereitstellen und im Gegenzug Gesellschafter des Startups werden. Mit zunehmender Größe und Seniorität eines Startups (hier sprechen wir von „Emerging Companies“) kommen neben den vorgenannten Startup-Investoren auch sog. Venture Loan-Geber als Finanzierer in Betracht. Diese Geldgeber adressieren eine Situation, in der das Startup bereits Venture Capital-Investoren an Board hat, jedoch von klassischen Banken noch keine Kredite erhält, weil es keine Jahresüberschüsse erwirtschaftet. Im Bankenjargon spricht man von fehlender „Schuldendienstfähigkeit“.

Was ist ein Venture Loan?

Wie der Name schon vermuten lässt, finanzieren Venture Loan-Geber junge Wachstumsunternehmen mit Darlehen (engl. Loans).

Charakteristisch für ein Darlehen ist, dass:

  • der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer (hier dem Startup) Finanzmittel für bestimmte Zeit gegen Entgelt zur Verfügung stellt,
  • nach Ablauf dieser Zeit der Darlehensnehmer die Finanzmittel wieder zurückzahlen muss und
  • der Darlehensnehmer für die Bereitstellung ein Entgelt schuldet (i.d.R. in Form von Zinsen).

Damit unterscheidet sich ein Venture Loan deutlich von der Finanzierung durch klassische Startup-Investoren, die ihre Finanzierung in der Regel als nicht rückzahlbares Eigenkapital bereitstellen und auch keine festen Zinsen verlangen, sondern nur im Falle des wirtschaftlichen Erfolgs des Unternehmens profitieren.

Neben dem festen Zins lassen sich viele Venture Loan-Geber einen sog. Warrant zusichern. Dabei handelt es sich um das Recht des Darlehensgebers, in einem bestimmten Umfang und zu einem bestimmten Preis Anteile an dem Startup zu kaufen. Durch den Warrant erhoffen sich Venture Loan-Geber, eine weitere Vergütung zu erzielen, indem der Preis der Anteile im Falle des Verkaufs des Unternehmens über den von ihnen zu zahlenden Optionspreis steigt.

Definition Warrant

Option, in einem bestimmten Umfang und zu einem bestimmten Preis Anteile an dem Unternehmen zu kaufen

Als Venture Loans werden diese Kredite bezeichnet, weil sie ein vermeintlich höheres Ausfallrisiko haben als klassische Bankdarlehen. Schließlich werden sie an Unternehmen ausgezahlt, die noch nicht schuldendienstfähig sind und nicht über Sicherheiten verfügen, die den Darlehensbetrag samt Zinsen vollständig absichern können.

Wer stellt Venture Loans zur Verfügung?

Venture Loans werden sowohl von spezialisierten Investmentbanken als – zunehmend auch in Deutschland – von großen Geschäftsbanken ausgegeben. Daneben existieren Fonds, die von einer Managementgesellschaft geführt werden und mit Kapital von unterschiedlichen Investoren (sog. Limited Partners) gespeist werden. In Deutschland aktive internationale Venture Loan-Geber sind z.B. Kreos Capital, TriplePoint Capital oder die Silicon Valley Bank.

Zunehmend werden auch deutsche Banken in diesem Segment tätig. Dies sind sowohl Banken mit speziellem Fokus auf Startups und Emerging Companies (z.B. die Deutsche Handelsbank) als auch etablierte Großbanken, die Zugang zu zukünftigen Mittelstandskunden suchen. Die Commerzbank und HypoVereinsbank haben bspw. eigene Abteilungen und Ansprechpartner für die Finanzierung von Emerging Companies.

Unsere Erfahrung zeigt, dass deutsche Banken mit einfacheren Vertragswerken und günstigen Zinsen punkten, während internationale Venture Loan-Geber im Entscheidungsprozess tendenziell schneller und eingespielter agieren sowie größere Darlehensvolumina bereitstellen können.

Tipp

Wie auch bei Venture Capital-Gesellschaften oder Business Angels ist es ratsam, sich im Vorfeld mit Startups auszutauschen, die bereits einen Venture Loan von dem potentiellen Venture Loan-Geber erhalten haben. Besonders wichtig ist es, Einblicke in die Verhaltensweise des Kreditgebers zu erhalten. Wünschenswert sind natürlich Kreditgeber, die in schweren Zeiten Verhandlungsbereitschaft zeigen und bereit sind, konstruktiv zusammenzuarbeiten.

In welcher Phase und wie viel investiert eine Venture Loan-Gesellschaft typischerweise?

Venture Loan-Gesellschaften benötigen Cash-Flows aus denen die Kreditnehmer Tilgungsbeiträge und Zinsen leisten sowie die begründete Annahme, dass der Kreditnehmer ein wachstumsstarkes Unternehmen ist, dessen Unternehmenswert nach der Darlehensgewährung noch weiterhin steigt. Während die Ermittlung und Plausibilisierung der Cash Flows durch den Venture Loan-Geber selbst vorgenommen wird, lehnt er sich bei der Einschätzung der Wachstumschancen an die Expertise des bestehenden Investorenkreises des Startups an. Je mehr das Startup bislang an Venture Capital aufgenommen hat und je renommierter die Venture Capital-Geber sind, desto eher wird man den Venture Loan-Geber vom Wachstumspotenzial des Startups überzeugen können.

Venture Loans ersetzen daher in keinem Fall die Zusammenarbeit mit klassischen Venture Capital-Investoren, sondern komplettieren diese. Insbesondere in sehr frühen Phasen eines Startups kommt ein Venture Loan nicht in Betracht. Besonders geeignet sind Venture Loans für Unternehmen, die hohe und konstante Umsätze generieren, wie eCommerce Unternehmen, Plattformen oder etablierte SaaS Lösungen. Studien kamen zu dem Ergebnis, dass international die meisten Venture Loans nach der dritten Finanzierungsrunde vergeben wurden bei einem durchschnittlichen Kreditvolumen von ca. 2 Mio. EUR. Auch wenn dieser Wert kein ungeeigneter Anhaltspunkt ist, ist die Streuweite der möglichen Konstellationen um diesen Durchschnittswert groß.

Tipp

Venture Loans ersetzen nicht die Zusammenarbeit mit anderen Investoren, sondern komplettieren diese. Sie eignen sich v.a. für Unternehmen mit einem prominenten Investorenkreis sowie konstanten Umsätzen, aus denen die Tilgung des Kredits erfolgen kann.

Wieso ein Venture Loan, wenn ich auch Venture Capital haben kann?

Vereinfacht gesagt kommen Venture Loans in Betracht, wenn die nächste Finanzierungsrunde mit Venture Capital-Gebern noch aufgeschoben werden soll oder wenn Eigenkapital für den konkreten Finanzierungsbedarf zu teuer ist. So werden Venture Loans häufig genutzt, um die Erreichung von Meilensteinen zu finanzieren, die zu einer höheren Unternehmensbewertung in einer Folgefinanzierungsrunde führen (können). Insbesondere wenn Ziele der letzten Finanzierungsrunde nicht erreicht wurden, kann Venture Loan dazu dienen, eine Down-Round zu vermeiden. Daneben gibt es Unternehmen, die lediglich Liquidität zur Vorfinanzierung von relativ sicheren Umsätzen benötigen. Die Aufnahme von Eigenkapital zur Vorfinanzierung dieser Umsätze würde zur Verwässerung der Beteiligungsquote der Alt-Gesellschafter führen, was bei einem stark wachsenden Unternehmen gerade beim Exit für die Alt-Gesellschafter teuer werden kann.

Was spricht gegen die Aufnahme von Venture Loan?

Gegen die Aufnahme eines Venture Loans spricht in erster Linie, dass es ein teurer Kredit ist, der inkl. Zinsen aus den Umsätzen des Unternehmens zurückgezahlt werden muss. Gerade bei einem Umsatzeinbruch kann es hier zu Tilgungsschwierigkeiten kommen. Weil die Verträge mit Venture Loan-Gebern häufig Kündigungsrechte des Darlehensgebers bei einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung vorsehen, ist man in diesen Situationen auf ein wirtschaftlich vernünftiges Agieren des Venture Loan-Gebers angewiesen. Aber auch dieser hat hier in der Regel einen hohen Anreiz, das Unternehmen am Leben zu erhalten, da die Verwertung der wenigen Sicherheiten den Kreditausfall in der Regel nicht kompensieren wird.

Tipps

  • Die Aufnahme eines Venture Loan wird als sog. zustimmungsbedürftiges Geschäft in der Regel von der Zustimmung des bestehenden Investorenkreises abhängen; man sollte daher möglichst frühzeitig klären, ob die Investoren die Aufnahme eines Venture Loans unterstützen werden
  • Venture Loan-Verträge – v.a. solche von englischen oder US-amerikanischen Venture Loan-Gebern – sind äußerst komplex; zur Abwägung der Chancen und Risiken empfiehlt sich daher stets die Zuschaltung eines erfahrenen Rechtsanwalts, der auch bestehende Marktstandards von Venture Loans überblickt.

Welche Vorteile bietet die Zusammenarbeit mit einer Venture Loan-Gesellschaft – außer zusätzlichem Kapital?

Venture Loans sind in erster Linie eine Methode zur Finanzierung und bieten nur zweitrangig weitere Vorteile. Natürlich haben einzelne Venture Loan-Gesellschaften, ähnlich wie Venture Capital-Gesellschaften, vertieftes Know-how für bestimmte Märkte und ein breites Netzwerk sowohl zu anderen Startups, die ebenfalls einen Venture Loan aufgenommen haben, als auch zu anderen Investoren. Die Aufnahme eines Venture Loans kann außerdem eine Signalwirkung für den Investorenmarkt haben und eine gewisse Reife des Startups unterstreichen. Letztendlich sind das aber alles Kriterien, die niemals alleine für die Aufnahme eines Venture Loans maßgeblich sein sollten.

Wie hoch sind die Kosten des Kredits und wie lang ist die Laufzeit?

Wie jeder andere Kredit muss natürlich auch der Venture Loan zusammen mit Zinsen an die Venture Loan-Gesellschaft zurückgezahlt werden. Wegen des erhöhten Risikos, das Venture Loans innewohnt, wird zzgl. der regulären Zinsen eine Risikoprämie verlangt. In der Summe ergeben sich Zinskosten von ca. 10 – 15 % per annum. Bei deutschen Großbanken können diese Zinsen aber auch im einstelligen Bereich liegen. Man sollte jedoch auf weitere Nebenkosten des Kredits achten. Besonders hervorzuheben sind einmalige Zusatzentgelte in prozentualer Höhe des Darlehensbetrages, wie z.B. ein Abschlag (sog. Disagios) auf den ausgezahlten Betrag oder eine Gebühr für die Freigabe von Sicherheiten (sog. Security Release Fees). Daneben lassen sich die Venture Loan-Geber häufig die Kosten der Vertragsgestaltung und alle weiteren im Zusammenhang mit dem Venture Loan anfallenden Rechtsberatungskosten erstatten.

Eine bereits am Anfang des Artikels erwähnte Vergütungskomponente sind Optionsrechte des Venture Loan-Gebers auf den Erwerb von Anteilen des Startups, die als Warrants oder Equity Kicker bezeichnet werden. Diese Optionsrechte geben dem Kreditgeber das Recht, in der Zukunft Anteile am Startup zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Häufig orientiert sich dieser Preis an der Unternehmensbewertung des Startups in der unmittelbar vorausgegangenen Finanzierungsrunde.

Ein Beispiel

Eine Venture Loan-Gesellschaft hat einen Kredit in Höhe von EUR 2 Mio. ausgeben und sich das Recht eingeräumt, für 10% der Kreditsumme Anteile zu erwerben. Beträgt der Preis pro Anteil in der letzten Finanzierungsrunde z.B. EUR 500, kann der Venture Loan-Geber Anteile des Startups im Gegenwert von EUR 200.000 mithin Anteile im Nominalbetrag von EUR 400 kaufen.

Die Laufzeit eines Kredites beträgt in der Regel zwei bis vier Jahre. Hinsichtlich der Tilgung gibt es unterschiedliche Ausgestaltungen, z.B. gleichmäßige monatliche Tilgung in gleichbleibenden Raten, tilgungsfreie Zeiten usw. Natürlich bleiben die oben beschriebenen Optionsrechte auch über die Laufzeit des Venture Loans hinaus bestehen.

Zugang

Wie nahezu immer im Startup Ökosystem sind die Chancen, eine Finanzierung zu erhalten, am höchsten, wenn man einen persönlichen Zugang zur Venture Loan-Gesellschaft bekommt. Eine Empfehlung können v.a. aktuelle Investoren oder Startups aussprechen, die ebenfalls einen Venture Loan erhalten haben. Daneben eignen sich erfahrene Dienstleister im Venture Capital-Markt, wie spezialisierte Corporate Finance-Berater oder Rechtsanwälte für die Kontaktvermittlung.

Wann sollte ein Venture Loan aufgenommen werden?

Ein günstiger Zeitpunkt für die Aufnahme von Venture Loan ist der Nachgang zu einer Finanzierungsrunde. Zum einen verfügen Startups zu diesem Zeitpunkt über hohe Liquiditätsbestände und zum anderen waren sie gerade Gegenstand umfangreicher Due Diligence-Prüfungen. Beide Faktoren bieten Venture Loan-Gebern zusätzliche Sicherheit für ihr Engagement.

Vertrags- und Regelungsumfang

Venture Loan-Gesellschaften verfügen über Standardvertragswerke, die sie angepasst auf den Einzelfall als Verhandlungs- und Vertragsgrundlage nutzen. Diese Regelungswerke beinhalten zunächst Regelungen zur Kreditauszahlung, Tilgungs- und Zinsleistungen. Daneben verpflichten viele Vertragswerke die Gesellschaft zur Abgabe bestimmter Zusicherungen auf den aktuellen Zustand der Gesellschaft sowie zur Information des Darlehensgebers und zur Vorlage bestimmter Unterlagen. Neben den Darlehensverträgen werden häufig Sicherheiten bestellt, die in der Regel die Forderungen und Waren des Unternehmens erfassen aber auch darüber hinaus auf geistige Schutzrechte, Marken oder Software abzielen können. Begleitet werden diese Verträge von Vereinbarungen mit den Gesellschaftern des Startups, die v.a. die Absicherung der Optionsrechte zum Ziel haben.

Gestaltungsspielraum

Die Venture Loan-Geber nutzen in der Regel standardisierte Vertragswerke und signalisieren erwartungsgemäß wenig Verhandlungsbereitschaft. Umso wichtiger ist es, mit Experten zu arbeiten, die die Vertragswerke auf marktunübliche Besonderheiten sichten und bestehende Verhandlungsspielräume kennen. Trotz des Standardvertragswerks der Kreditgeber sind Verhandlungen über einzelne Regelungen durchaus möglich und sinnvoll.

 

Hier geht es zu den weiteren Artikeln der Reihe Startup-Finanzierung mit Investoren

0. Einleitung Das sollte man wissen – ein Überblick

I. Investorentypen – Wer interessiert sich für mich, wer passt zu mir? Ein Überblick

II. FinanzierungsartenIn welchen Formen wird Kapital bereitgestellt?

III. Finanzierungsprozess – Kennenlernen bis Geldeingang: wie verlaufen Verhandlungen mit Investoren?

IV. VerträgeWelche werden abgeschlossen?

V. Vertragliche Regelungen – Welche sind wichtig?

Folgen bald …

  • Teil 7              Exitregelungen
  • Teil 8              Erlösverteilung im Exit-Fall
  • Teil 9              Informations- und Zustimmungsrechte

 

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