In unserer Open Source-Reihe beleuchten wir die bekanntesten Open Source-Lizenzen. Die Nutzung von Open Source-Software (OSS) bietet sich insb. für Startups an, da sie kostenlos ist und zudem durch das breite Angebot an Open Source-Lizenzen Ressourcen bei der Eigenentwicklung von Software gespart werden können. Wir erläutern, welche besonderen Bedingungen bei der jeweiligen Lizenz zu beachten sind, für welchen Einsatzzweck sich die Lizenz eignet, mit welchen anderen Lizenzen sie kompatibel ist und was bezüglich der begleitenden Dokumentation zur Software zu beachten ist.
Dieser Überblick der Open Source-Reihe ist eine Einführung in das Thema. Es wird in 3 Teilen erläutert:
- Begriff Open Source
- Arten von Open Source-Lizenzen
- „Copyleft Effekt“
- Möglichkeiten der Kommerzialisierung von Open Source-Software
- Stolpersteine in Bezug auf die Haftung für Open Source-Software
Fallstricke bei der Verwendung von OSS
Auch wenn es verlockend sein mag eine Software unter OSS zu lizenzieren oder OSS in eigenen Projekten zu nutzen, muss beim Einsatz von OSS im Hinblick auf die kommerzielle Nutzung der Software, die Kompatibilität der Lizenzen untereinander, die Haftung und die entsprechenden Dokumentationspflichten einiges beachtet werden.
Kommerzielle Nutzung
Ist eine kommerzielle Nutzung der Software geplant, so ist besonderes Augenmerk auf die Wahl der OS-Lizenz zu legen. Eine kommerzielle Nutzung der OSS selbst ist in der Regel nicht möglich, da für die Lizenzierung als solche kein Entgelt verlangt werden darf. Es ist allerdings möglich, für zusätzliche Leistungen wie Weiterentwicklungen, Support oder Pflege- und Wartung Entgelte zu verlangen und OSS so indirekt zu kommerzialisieren.
Je nach OS-Lizenz ist auch die direkte kommerzielle Nutzung eigener Weiterentwicklungen von OSS möglich. Dazu sollte solche OSS verwendet werden, die kein Copyleft oder je nach Ausgestaltung und Verwendungszweck nur ein beschränktes Copyleft beinhaltet. Die Weiterentwicklung kann dann unter proprietärer Lizenz lizenziert werden, sodass der Quellcode nicht offengelegt werden muss.
Kompatibilität der Lizenzen untereinander
Ein weiteres Problem stellt die fehlende Kompatibilität der OS-Lizenzen untereinander dar. Wann immer Softwarebestandteile zusammengefügt werden sollen, die unter verschiedenen OS-Lizenzen lizenziert sind, stellt sich die Frage der Vereinbarkeit der unterschiedlichen Lizenzbedingungen. Insbesondere Lizenzen mit Copyleft stellen in diesen Konstellationen regelmäßig ein Problem dar, da ihre Weiterentwicklungen unter der jeweiligen Ursprungslizenz lizenziert werden müssen. Sobald Softwarekomponenten zusammengefügt werden, die unter zwei unterschiedlichen Copyleft-Lizenzen lizenziert werden, würde jede Lizenz die Lizenzierung der Weiterentwicklung für sich beanspruchen.
Achtung:
Copyleft-Lizenzen sind daher nur mit anderen OS-Lizenzen kompatibel, wenn:
- a) die andere OS-Lizenz keine Lizenzpflichten vorsieht, die nicht auch in der jeweiligen Copyleft-Lizenz vorhanden ist. Ein Beispiel hierfür ist die Vereinbarkeit der GPL mit der BSD-Lizenz ohne Werbeklausel. Ein Gegenbeispiel ist hingegen die Vereinbarkeit der GPL mit der BSD-Lizenz mit Werbeklausel, die eine Informationspflicht enthält, die in der GPL nicht vorhanden ist
oder
- b) die jeweils andere OS-Lizenz eine sog. Kompatibilitäts- oder Öffnungsklausel enthält. Beispiele hierfür sind Ziffer 3 der LGPL, Version 2.1 (Öffnung für GPL); GPLv3 (Kompatibilität mit Affero GPL und Öffnung für Apache License 2.0); European Public License (EUPL) (Kompatibilität mit GPL).
Haftung des OSS Erstellers
Neben der Kompatibilität der OSS stellt sich für Startups, die ihre eigen entwickelte Software als OSS lizenzieren, auch die Frage der Haftung für ihre Software. Häufig handelt es sich bei OSS-Entwicklern um „Hobbyentwickler“, die ihre in vielen Arbeitsstunden erstellten Projekte kostenfrei zur Verfügung stellen und in der Regel nicht davon ausgehen, dass sie für ihre Software haften. Für Startups, die ihr Geschäftsmodell auf ihrer OSS aufbauen, ist die Haftungsfrage jedoch von großer Bedeutung.
Achtung
Startups sollten daher sowohl das eigene Haftungsrisiko als auch das Haftungsrisiko für ihre Kunden kennen.
In den Lizenztexten der OS-Lizenzen wird die Haftung für den Entwickler in der Regel pauschal ausgeschlossen. Nach deutschem Recht sind solche pauschalen Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse jedoch unwirksam. Haftung und Gewährleistung richten sich daher nach den gesetzlichen Regelungen.
Da die OS-Lizenzen eine unentgeltliche Zurverfügungstellung der Software ohne Gegenleistung vorsehen, handelt es sich bei der Zurverfügungstellung rechtlich in der Regel um eine Schenkung. Das Schenkungsrecht sieht im Vergleich zum Kauf- oder Werkrecht wesentlich günstigere Haftungs- und Gewährleistungsklauseln vor. So haftet das Startup nur für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.
Anders liegt der Fall, wenn neben der OSS auch weitere Dienstleistungen wie Dokumentationen, Support, Wartung und Pflege angeboten werden. In einem solchen Fall ist wohl von einem gemischten Vertrag auszugehen, dem als Hauptleistung ein Dienst- oder Werkvertrag zu Grunde liegt. Für diese gelten verschärfte Haftungsregelungen, die sich nach herrschender Meinung auch auf die OSS selbst erstrecken.
Dokumentationspflichten für OSS Nutzer
Neben der Haftung für die Software selbst sind auf Nutzerseite die jeweiligen Dokumentationspflichten der OS-Lizenzen zu beachten. Einige OS-Lizenzen verpflichten den Nutzer, den Lizenztext in Papierform als Datei mitzuliefern. Bei anderen OS-Lizenzen ist die Angabe der URL ausreichend, die auf den jeweiligen Lizenztext verweist. Die genauen Dokumentationspflichten sind dem jeweiligen Lizenztext zu entnehmen.
Startups, die OSS nutzen, sollten sich mit den jeweiligen Dokumentationspflichten auseinandersetzen. Denn werden die Dokumentationspflichten nicht eingehalten und somit die Lizenzbedingungen nicht eingehalten, nutzt das Startup die Software ohne gültige Lizenz und damit ohne entsprechende Nutzungs- und Bearbeitungsrechte.
Sonstige Lizenzverletzungen
Neben der Dokumentationspflicht werden in den Lizenzbedingungen häufig weitere Pflichten statuiert. Dazu zählt neben der Pflicht zur Weiterlizenzierung unter denselben Bedingungen (sog. Copyleft – mehr dazu in unserem Teil II der Open Source Grundlagen) z.B. auch Pflichten zur Quellenangabe.
Wie auch bei einer fehlenden/fehlerhaften Dokumentation, nutzt ein Startup OSS ohne gültige Lizenz und damit ohne entsprechende Nutzungs- und Bearbeitungsrechte, wenn eine der sonstigen Pflichten aus dem jeweiligen Lizenzvertrag nicht eingehalten wird.
Kostenpflichtige Abmahnungen drohen
Das Startup kann für diese Nutzung ohne Lizenz vom Urheber kostenpflichtig abgemahnt werden und dazu verpflichtet werden, die weitere Nutzung der Software ab sofort zu unterlassen. Insbesondere bei der kommerziellen Nutzung von OSS sollten die Dokumentationsbedingungen und sonstigen Lizenzbedingungen daher genau befolgt werden.
Hier geht es zur Open Source-Blogreihe
- Grundlagen und Überblick Teil I
- Grundlagen und Überblick Teil II: Einordnung der OS-Lizenz nach Copyleft
- Grundlagen und Überblick Teil III: Fallstricke bei der Verwendung von Open Source-Software
- Die BSD-Lizenz
- Die MIT-Lizenz
- Die GPL Lizenz
- Die Apache-Lizenz
- Die Mozilla Public License
- Sonderedition Creative Commons*
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