Im letzten Teil unserer Artikelreihe haben wir uns bereits mit den grundlegenden Voraussetzungen für den Abschluss von Wandeldarlehensverträgen beschäftigt, insbesondere mit Beschluss- und Formerfordernissen. In diesem letzten Teil unserer Artikelreihe zum Thema Wandeldarlehen gehen wir auf die wesentlichen Regelungen von Wandeldarlehensverträgen ein. Hierbei weisen wir auch auf den derzeitigen Marktstandard hin sowie auf einige Besonderheiten, die bei der Inanspruchnahme des BAFA INVEST – Zuschusses für Wagniskapital im Rahmen der Vertragsgestaltung zu beachten sind.
Unternehmensbewertung, Discount, Floor und Cap
Wie bereits ausgeführt haben Wandeldarlehen den Vorteil, dass sich hierdurch Bewertungsdiskussionen vermeiden bzw. bis zur nächsten Finanzierungsrunde verschieben lassen. Im Regelfall sehen Wandeldarlehensverträge nämlich vor, dass für die Wandlung die Unternehmensbewertung der nächsten Eigenkapitalfinanzierungsrunde maßgeblich ist. Dabei wird für den Investor häufig ein Discount, d.h. ein Abschlag auf die Unternehmensbewertung der nächsten Finanzierungsrunde, vorgesehen. Marküblich ist derzeit ein Discount zwischen 10% und 30%.
Floor
Aus Sicht eines Startups kann es sich empfehlen, eine Untergrenze, mithin eine Mindestbewertung, vorzusehen, zu der die Wandlung erfolgen soll. Diese Mindestbewertung sollte – unter Berücksichtigung eines etwaigen Discounts – zumindest der Post-Money-Unternehmensbewertung der letzten Finanzierungsrunde vor der Wandlung entsprechen. Andernfalls könnte die Wandlung des Darlehens zu einer sogenannten Down Round führen und ggf. Verwässerungsschutzrechte etwaiger Alt-Investoren auslösen.
Cap
Häufig wird zugunsten des Investors eine Maximalbewertung vorgesehen (sog. Cap). In diesem Fall erfolgt die Wandlung höchstens zu der als Cap vereinbarten Bewertung, auch, wenn die eigentliche Unternehmensbewertung der die Wandlung auslösenden Finanzierungsrunde höher liegt. Für den Fall, dass auch ein Discount vereinbart ist, stellt sich dabei die Frage, ob dieser auch auf das Cap anzurechnen ist. Damit würde sich die für die Wandlung maximal anwendbare Unternehmensbewertung nochmals zugunsten des Investors reduzieren. Im Rahmen der Vertragsgestaltung wird daher häufig vorgesehen, dass sich das Cap immer nach Abzug des Discount versteht. Aus Sicht eines Investors wäre es hingegen vorteilhafter, dass der Discount auch auf ein etwaig vereinbartes Cap Anwendung findet.
Im Hinblick auf die Berechnung der dem Darlehensgeber im Falle einer Wandlung zu gewährenden Geschäftsanteile stellt sich zudem die Frage, ob etwaige Anteilsoptionen, virtuelle (Mitarbeiter-) Anteile oder ähnliche Finanzinstrumente bei der Berechnung des für die Wandlung maßgeblichen Anteilspreises zu berücksichtigen sind. Dieser sog. „fully diluted“-Ansatz ist für die Alt-Gesellschafter regelmäßig nachteiliger, da er zu einem niedrigeren Erwerbspreis je Geschäftsanteil führt. In diesem Fall erhält der Darlehensgeber mithin mehr Geschäftsanteile für den jeweiligen Wandlungsbetrag, als er ohne die Berücksichtigung von Anteilsoptionen, virtuellen (Mitarbeiter-) Anteilen oder ähnlichen Finanzinstrumenten bei der Berechnung des Erwerbspreises – und damit bei Ansatz eines höheren Anteilspreises – erhalten würde.
Zinsen
Insbesondere soweit es sich bei dem Darlehensgeber um einen Gesellschafter des Startups handelt, sollte der vereinbarte Zinssatz marktüblich sein, d.h. einem Drittvergleich standhalten. Ein zu hoch oder zu niedrig gewählter Zinssatz kann auf Ebene des Darlehensgebers und des Startups steuerliche Implikationen haben. Im Zweifel sollte ein Steuerberater bei der Festlegung des Zinssatzes hinzugezogen werden.
Zur Schonung der Liquidität des Startups sollte darauf geachtet werden, dass die Zinsen endfällig sind. Optional kann geregelt werden, dass sich das Wandlungsrecht bzw. die Wandlungspflicht auch auf die Zinsen bezieht und der Zinsanspruch dementsprechend im Falle einer Wandlung ebenfalls an die Gesellschaft abzutreten ist. Dabei ist allerdings aus Sicht der Gründer bzw. Alt-Gesellschafter Folgendes zu beachten: Wenn das Wandlungsrecht bzw. die Wandlungspflicht auch die Zinsen erfasst, schont dies zwar die Liquidität des Startups, führt allerdings auch dazu, dass der Darlehensgeber einen höheren Betrag wandeln kann. Er erhält daher bei dieser Gestaltung regelmäßig mehr Geschäftsanteile als er bei einer Wandlung des Darlehensbetrags ohne Zinsen erhalten würde. Dieses Vorgehen schont zwar die Liquidität, führt allerdings auch dazu, dass der Darlehensgeber einen höheren Betrag wandeln kann und insoweit regelmäßig mehr Geschäftsanteile erhält als bei Wandlung nur des Darlehensbetrags.
Besonderheiten bei Beantragung des BAFA INVEST – Zuschusses für Wagniskapital
Für den Fall, dass der Darlehensgeber im Zusammenhang mit seiner Investition in das Startup den BAFA INVEST – Zuschuss für Wagniskapital in Anspruch nehmen möchte, gelten für die Ausgestaltung des Wandeldarlehensvertrags einige Besonderheiten.
Grundsätzlich kommt nach den für den BAFA INVEST-Zuschuss für Wagniskapital derzeit geltenden Bestimmungen eine Förderung auch bei Investitionen in Form von Wandeldarlehen in Betracht. Es ist jedoch darauf zu achten, dass der Wandeldarlehensvertrag nicht abgeschlossen und der Darlehensbetrag nicht ausgezahlt wird, solange der BAFA INVEST-Zuschuss für Wagniskapital noch nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise beantragt worden ist. Wird der Wandeldarlehensvertrag vor Antragstellung abgeschlossen oder der Darlehensbetrag vor Antragstellung ausgezahlt, kommt eine Förderung in Form des BAFA INVEST-Zuschusses für Wagniskapital nicht (mehr) in Betracht.
Es ist im Hinblick auf die Antragstellung darauf zu achten, dass dem Startup auch tatsächlich zusätzliche finanzielle Mittel zufließen und nicht bloß bestehende Forderungen des Investors gegenüber dem Startup darlehensweise gewährt werden.
Bei der Ausgestaltung des Wandeldarlehensvertrags ist zu berücksichtigen, dass spätestens innerhalb von 15 Monaten nach Ausstellung des Bewilligungsbescheides eine Wandlung erfolgen und dem BAFA nachgewiesen werden muss. Hieraus ergibt sich, dass die Laufzeit des Darlehens vertraglich entsprechend begrenzt und eine Wandlungspflicht vorgesehen werden muss.
Zu beachten ist schließlich, dass nur diejenigen Geschäftsanteile förderfähig sind, die mit der gewährten Darlehenssumme erworben werden. Im Gegensatz dazu sind Geschäftsanteile, die mit einem zwischenzeitlich entstandenen Zinsanspruch aus dem Wandeldarlehensvertrag erworben werden, nicht förderfähig. Insoweit könnte man vertraglich vorsehen, dass der Zinsanspruch nicht gewandelt werden kann.
Qualifizierter Rangrücktritt (mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre)
Insolvenzrechtlicher Nutzen
Der Wandeldarlehensvertrag sollte einen qualifizierten Rangrücktritt (mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre) vorsehen, der sich nicht auf den Rückzahlungsanspruch beschränkt, sondern auch den Zinsanspruch umfasst. Durch die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts (mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre) ändert sich der Charakter des Darlehens von Fremdkapital hin zu einer unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion. Dies hat aus Sicht eines Startups den Vorteil, dass hierdurch der Eintritt eines Insolvenzantragsgrundes vermieden bzw. hinausgezögert werden kann. Die vom qualifizierten Rangrücktritt erfassten Nachrangforderungen sind nämlich vereinfacht gesprochen bei der Feststellung einer Insolvenzreife nicht zu berücksichtigen.
Bei der Vertragsgestaltung ist aus Sicht des Startups vor allem darauf zu achten, dass die Nachrangklausel eine den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) genügende vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre enthält. Hierdurch wird der Darlehensgeber daran gehindert, Forderungen aus dem Wandeldarlehensvertrag geltend zu machen, solange und soweit ein Insolvenzantragsgrund beim Startup vorliegt, hierdurch eintreten würde oder soweit im Falle der Liquidation des Startups vorrangige Forderungen noch nicht vollständig erfüllt worden sind (insolvenzhindernde Wirkung).
Bankaufsichtsrechtliche Aspekte
Die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts (mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre) ist jedoch nicht nur aus insolvenzrechtlichen Gründen ratsam, sondern kann auch zur Vermeidung des Vorliegens bankaufsichtsrechtlicher Erlaubnispflichten erforderlich sein. Solange der Darlehensgeber noch kein Gesellschafter des Startups ist, kann die Gewährung von Gelddarlehen unter Umständen ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes darstellen. Ein Einlagengeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes liegt vor im Falle der Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird. Dies trifft auf Gelddarlehen regelmäßig zu.
Nach Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gilt das ausnahmsweise nicht, wenn sowohl im Hinblick auf den Rückzahlungs- als auch auf den Zinsanspruch des Darlehensgebers ein qualifizierter Rangrücktritt mit vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre vereinbart wird und es sich insoweit nicht um unbedingt rückzahlbare Gelder handelt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nach Ansicht der BaFin zivilrechtlich unwirksame (Rangrücktritts-) Klauseln auch bankaufsichtsrechtlich nicht geeignet sind, ein Einlagengeschäftstatbestands auszuschließen.
Sonstige Regelungen
In der Praxis werden in Ergänzung zu den oben genannten Regelungen zudem häufig noch Auskunfts- und Informationsrechte zugunsten des Darlehensgebers vereinbart. Das gilt zumindest dann, wenn es sich bei dem Darlehensgeber nicht um einen Gesellschafter handelt. Im Hinblick auf den Umfang solcher Rechte wird dabei häufig Bezug auf die gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Vorschriften genommen, so dass der Darlehensgeber im Wesentlichen mit den Gesellschaftern gleichgestellt wird.
In diesem Zusammenhang sind vom Startup in der Regel bestimmte Finanzinformationen turnusmäßig bereitzustellen sowie für die Wandlung relevante Umstände mitzuteilen (z.B. Abschluss von Verträgen im Hinblick auf eine Finanzierungsrunde oder einen Exit).
Daneben besteht regelmäßig die Pflicht, den Darlehensgeber zu informieren, soweit in den Vermögensverhältnissen des Startups eine Verschlechterung eintritt oder aus sonstigen Gründen die Erfüllung der Forderungen aus dem Wandeldarlehensvertrag gefährdet ist. Aufgrund der besonderen Finanzsituation von Startups sollte jedoch darauf geachtet werden, dass eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des Startups entgegen der gesetzlichen Regelung des § 490 Abs. 1 BGB den Darlehensgeber nicht zur (fristlosen) Kündigung des Wandeldarlehensvertrags berechtigt. Dies würde eine Schieflage des Startups meist noch verstärken. Insoweit ist es aus Sicht eines Startups in der Regel ratsam, das gesetzliche Kündigungsrecht gemäß § 490 Abs. 1 BGB vertraglich auszuschließen.
Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung: Beitritt oder Neufassung
Schließlich sehen Wandeldarlehensverträge üblicherweise vor, dass der Darlehensgeber im Falle einer Wandlung verpflichtet ist, einer bestehenden Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung vor Gewährung der neuen Geschäftsanteile beizutreten oder mit den Alt-Gesellschaftern eine neue Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung abzuschließen.
Abtretungsverbot
Aus Sicht des Startups kann es sich zudem empfehlen, ein vertragliches Abtretungsverbot zu vereinbaren. Mit anderen Worten sollte vertraglich sichergestellt sein, dass nur der Investor Ansprüche aus dem Wandeldarlehensvertrag geltend machen kann.
Beratung bei der Vertragsgestaltung und -verhandlung
Auch wenn sich ein gewisser Marktstandard etabliert hat, kommt es bei der Ausgestaltung und Verhandlung von Wandeldarlehensverträgen immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Dies gilt sowohl für das Startup als auch für den Investor. Bei der Ausgestaltung sollten vor allem die Finanzierungsstrategie und -planung des Startups berücksichtigt sowie die wirtschaftlichen und rechtlichen Konditionen des Investments genau unter die Lupe genommen werden.
Gerne unterstützen wir hierbei unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktüblichkeit aus Sicht von Startups und Investoren.
Hier geht es zu Teil II: Wandeldarlehen leicht erklärt (Teil II)
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