03 / 07 / 2019
Fotografieren auf Veranstaltungen – was ist erlaubt?
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Uns erreicht häufig die Frage, unter welchen Umständen Startups auf ihren Veranstaltungen Fotos und Videos anfertigen dürfen, um diese für die Nachberichterstattung oder zu Marketingzwecken zu nutzen. Vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 galt für solche Fälle das Kunsturhebergesetz (KUG). Anhand eines festen Kriterienkatalogs regelt das KUG die Verwendung von Foto- und Videoaufnahmen. Nach Inkrafttreten der DSGVO im Mai 2018 ist unklar, welche Regelung für das Anfertigen von Fotos gilt. Entsprechend groß ist die Verunsicherung unter den Startups.

Wir klären euch in diesem Artikel über den aktuellen Stand der Diskussion um das Verhältnis von DSGVO und KUG auf und geben euch Tipps, wie ihr euch in Bezug auf das Anfertigen von Fotos auf euren Veranstaltungen rechtlich aufstellen könnt.

Die Regelung von Fotoaufnahmen unter dem KUG

Bis Mai 2018 galt für die Nutzung von Fotos und Videos, auf denen Personen abgebildet waren, das KUG. Es ging dem damals geltenden Bundesdatenschutzgesetz (BDSG aF) vor, sodass es keinerlei Spannungsverhältnis zwischen KUG und Datenschutzrecht gab.

Nach der damaligen Rechtslage musste eine Person grundsätzlich einwilligen, bevor ihr Foto auch veröffentlicht werden durfte. Von diesem Grundsatz gab es jedoch Ausnahmen. So musste eine Person nicht einwilligen,

  • bei Bildnissen der Zeitgeschichte (z.B. Bilder prominenter Personen oder Personen, die bei politisch relevanten Ereignissen anwesend sind und fotografiert werden);
  • wenn die betroffene Person nur als Beiwerk einer Landschaft oder einer anderen Örtlichkeit erscheint (z.B. beim Selfie vorm Brandenburger Tor mit Touristen im Hintergrund mussten die Touristen nicht um Erlaubnis gefragt werden);
  • bei Bildern von Versammlungen, Aufzügen, etc.;
  • wenn das Bild dem höheren Interesse der Kunst diente.

In welchem Verhältnis stehen KUG und DSGVO?

Im Mai 2018 trat die DSGVO in Kraft. Diese ist immer dann anwendbar, wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Dies sind vereinfacht gesagt alle Daten, die eine Person identifizieren können. Daher zählen auch Fotos und Videos zu personenbezogenen Daten, sodass für diese grundsätzlich die DSGVO anwendbar ist. Anders als im BDSG aF gibt es jedoch keine Regelung zum Verhältnis des KUG zur DGSVO. Daher gilt für die Veröffentlichung von Fotos mit Personenbezug nun vorrangig die DSGVO. Die Bundesregierung steht zwar auf dem Standpunkt, dass das KUG für Bildveröffentlichungen auch weiterhin anwendbar ist, diese Ansicht stößt in der juristischen Literatur jedoch auf massiven Widerstand. Da im Zweifel nicht die Regierung, sondern ein Gericht über die Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung entscheidet, gehen wir für die nachfolgenden Ausführungen davon aus, dass die DSGVO auf Fotos mit Personenbezug primär anwendbar ist.

Sofern möglich – schriftliche/elektronische Einwilligung einholen

Nach der DSGVO ist die Verarbeitung von Fotos und Videos mit Personenbezug nur in engen Grenzen im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Ausnahmen möglich.

So kann zum einen – wie auch nach dem KUG – eine Einwilligung der abgebildeten Person eingeholt werden. Die Einwilligung nach der DSGVO muss so gestaltet sein, dass der Besucher der Veranstaltung über die Verarbeitung und den Zweck der Verarbeitung der Fotos informiert wird.

In der Praxis muss der Veranstalter dementsprechend alle Besucher transparent darüber aufklären, zu welchen Zwecken die Fotos angefertigt werden und zu welchen Zwecken sie im Anschluss verwendet werden sollen, wie z.B. zur Veröffentlichung im Internet auf der eigenen Homepage oder zur Erstellung eines Videos von der Veranstaltung zu Werbezwecken. Da der Veranstalter nachweisen muss, dass auch wirklich alle abgebildeten Personen eingewilligt haben, sollte die Einwilligung im besten Fall schriftlich oder elektronisch abgefragt und aufbewahrt bzw. gespeichert werden. In der Praxis ist es allerdings kaum durchführbar, von jedem Besucher einer Messe oder einer Konferenz eine schriftliche Einwilligung abzufragen. Einige Stimmen in der juristischen Literatur gehen davon aus, dass auch eine Einwilligung durch schlüssiges Handeln, also z.B. den Besuch der Veranstaltung trotz Hinweises auf die Anfertigung und Verwertung von Fotos, ausreichend ist.

Und wenn der Besucher nicht einwilligt?

Besucher, die nicht eingewilligt haben oder der Anfertigung und Verwertung von Fotos ausdrücklich widersprechen, dürfen nicht fotografiert bzw. deren Bilder dürfen nicht veröffentlicht werden. Einige Veranstalter sind dazu übergegangen, Besucher, die nicht eingewilligt haben, zu kennzeichnen, z.B. mit einem roten Klebepunkt auf der Jacke.

Unterlassungsansprüche und Schadensersatz drohen

Eine solche Kennzeichnung kann in der Praxis jedoch leicht übersehen werden oder sich schlicht lösen. Wird in der Folge ein Foto von dem betroffenen Besucher fälschlicherweise veröffentlicht, dann stehen diesem Besucher Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Veranstalter zu.

Problem: die Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden

Ein weiterer Nachteil der Einwilligung ist, dass diese jederzeit widerrufen werden kann, sodass die weitere Verwendung der Fotos nicht mehr möglich ist. Ein teuer produzierter Werbefilm muss dann ggf. neu geschnitten werden, damit der betroffene Besucher nicht mehr zu sehen ist.

Das berechtigte Interesse als Alternative zur Einwilligung?

Praxistauglich ist die Einholung einer Einwilligung daher häufig nicht. Entsprechend berufen sich viele Veranstalter auf ihr sog. „berechtigtes Interesse“. Wenn der Veranstalter ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung der Fotos hat und kein schutzwürdiges Interesse des Besuchers entgegensteht, dann darf der Veranstalter die Fotos nutzen. Faktisch muss allerdings in jedem Einzelfall eine Abwägung der widerstreitenden Interessen durchgeführt werden.

Abwägung nach den Kriterien des KUG

Einige Stimmen in der Literatur ziehen zu dieser Abwägung die damaligen Kriterien des KUG in Verbindung mit denen der DSGVO heran. Danach spricht für ein Überwiegen der Interessen des Veranstalters, wenn eine der Ausnahmen des KUG vorliegt. Hingegen überwiegen die Interessen des Besuchers jedenfalls dann, wenn:

  • das Foto die Intimsphäre der betroffenen Person erfasst;
  • Arbeitnehmer/Hauptamtliche im Kontext des Beschäftigungsverhältnisses fotografiert und deren Bildnisse veröffentlicht werden;
  • der Besucher in einer Situation dargestellt wird, die diskreditierend sein kann oder die Gefahr einer Diskriminierung birgt (z.B. Partyfotos, Nacktfotos);
  • es sich um ein Foto von Situationen handelt, die Rückschluss auf besondere Kategorien von Daten, z.B. sexuelle Bestimmung, ermöglichen (es sei denn, der betroffene Besucher hat dies selbst öffentlich gemacht, z.B. durch aktive Teilnahme an einem Christopher-Street-Day-Umzug).

Datenschutzerklärung nicht vergessen

Unabhängig davon, ob tatsächlich von jeder Person eine Einwilligung eingeholt wird oder der Veranstalter sich auf sein berechtigtes Interesse beruft, müssen die abgebildeten Personen über ihre Rechte und die Verarbeitung der Fotos informiert werden. In der Praxis hat sich zur Erfüllung dieser Informationspflicht die Erstellung einer Datenschutzerklärung etabliert. Diese sollte den Veranstaltungsbesuchern entweder bereits elektronisch bei Bestellung der Eintrittskarte oder bei der Veranstaltung selbst in gedruckter Form zur Verfügung gestellt werden.

Die Teilnehmer der Veranstaltung sollten darauf hingewiesen werden,

  • dass Fotos angefertigt werden;
  • für welchen Zweck die Fotos angefertigt werden;
  • ob und wenn ja, wo eine Veröffentlichung geplant ist;
  • an wen sich betroffene Personen bei Datenschutzfragen (z.B. Widerspruch, Löschung) wenden können.

Fazit – unklare Rechtslage sorgt für Unsicherheit

Aufgrund der unklaren Rechtslage und des ungeklärten Verhältnisses zwischen KUG und DSGVO sollten Startups, wenn sie Fotos einer Veranstaltung verwerten möchten, im Zweifel eine Einwilligung einholen und diese – wenn möglich – protokollieren. Ist dies aufgrund der Größe der Veranstaltung praktisch nicht durchführbar, sollten zumindest die widerstreitenden Interessen gegenüber gestellt werden und ggf. eine Berufung auf das berechtigte Interesse unter Berücksichtigung der Kriterien des KUG stattfinden. In jedem Fall sollten die Besucher ausreichend über die Verarbeitung und spätere Verwendung der Fotos informiert werden.

Tipps zur Verwertung von Fotos von Veranstaltungen

1. Wenn möglich, dann sollten Veranstalter eine schriftliche oder elektronische Einwilligung der Besucher einholen.

2. Besucher, die nicht fotografiert werden wollen, sollten in diesem Fall entsprechend gekennzeichnet werden.

3. Sollte die Einholung einer Einwilligung nicht zweckmäßig sein, kann sich der Veranstalter ggf. auf sein berechtigtes Interesse stützen. Die Abwägung erfolgt nach den Kriterien des KUG:

  • Bilder der Zeitgeschichte
  • Betroffene Person ist nur Beiwerk einer Landschaft oder einer anderen Örtlichkeit
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen etc.
  • Bild dient dem höheren Interesse der Kunst

4. In jedem Fall sollten die Besucher mittels einer Datenschutzerklärung über die Nutzung der Fotos und ihre Rechte aufgeklärt werden.

Welche anderen Inhalte wie Videos, Designs & Co. Ihr als Startup im Rahmen eures Marketings nutzen könnt, erfahrt ihr in unserem Q&A zu Marketing & Urheberrecht.

 

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