Die Aufregung um die Urheberrechtsreform der EU (Stichwort: Uploadfilter!) hat eindrucksvoll bewiesen, dass das Urheberrecht ein zentrales Feld der digitalen Gesellschaft ist. Auch für Startups ist das Thema Urheberrecht äußerst relevant: von den Schutzmöglichkeiten eigenen Contents über die notwendigen Rechteübertragungen in Arbeits- oder Softwareentwicklungsverträgen bis hin zur Implementierung neuer Technologien und Software stellt sich immer wieder die Frage nach der urheberrechtlichen Beurteilung.
Ungeachtet dessen zeigt sich deutlich, dass im Bereich des Urheberrechts viele Missverständnisse bestehen, die einen klaren Blick auf das Thema verstellen. Daher wollen wir mit einer Reihe zum Thema Urheberrecht starten, die wichtige praktische Aspekte zum Thema Urheberrecht und Startups beleuchtet.
In diesem Teil der Reihe beginnen wir mit den Basics zum Urheberrecht:
- Wozu dient das Urheberrecht?
- Was wird geschützt?
- Wie weit reicht der Schutz?
- Was sind die Folgen von Verstößen?
Danach widmen wir uns spezielleren Themen, die aktuell für Startups von Interesse sind.
Ausgangspunkt: Balance zwischen Interessen des Rechtsinhabers und der Gesellschaft
Im Ausgangspunkt soll das Urheberrecht einen Ausgleich zwischen den Interessen des kreativen Urhebers, der die Früchte seiner Arbeit ernten soll, und den Interessen der Gesellschaft herstellen, die die kreative Leistung möglichst umfassend nutzen möchte. Problematisch ist, dass das Urheberrecht dabei von dem Grundkonzept des “in Isolation schaffenden Urhebers” ausgeht, der seine kreative Leistung allein aus sich heraus schöpft und seine Rechte geltend macht. In dem Zeitalter von Remixen und Netzkultur entspricht diese Konzeption nicht mehr der heutigen Vermarktungs- und Verwertungslandschaft, was zwangsläufig zu Konflikten führt.
Darüber hinaus wurde das Urheberrecht für technisch analoge Zeiten entworfen und knüpft leider zu oft an bestimmte technische Vorgänge an (z.B. eine Vervielfältigung). Dies führt bei technischen Innovationen zu Problemen, da die Einordnung der neuen Technologien in das urheberrechtliche System unklar ist. Rechtsunsicherheit bei Startups, die innovative Techniken nutzen wollen, ist die Folge.
Was wird überhaupt geschützt?
Von der Grundkonzeption schützt das Urheberrecht so unterschiedliche Werke wie Kunstwerke, Online-Artikel und Filme, allerdings grundsätzlich nur, wenn sie über die notwendige sog. „Schöpfungshöhe“ verfügen. Diese wird allerdings schnell erreicht, wenn dem Werk eine gewisse Originalität innewohnt. Weniger bekannt ist, dass neben dem Schutz klassischer Werke auch verwandte sog. Leistungsschutzrechte bestehen, deren Schutzumfang im Wesentlichen vergleichbar ist. Hierbei besteht der Grundgedanke darin, dass auch Investitionen in eine bestimmte geistige Leistung einen Schutz rechtfertigen sollen.
Wichtige praktische Beispiele sind die Leistungsschutzrechte des Software- oder Datenbankherstellers. Solche Leistungsschutzrechte bestehen jedenfalls auch für Fotographien und Filme, weswegen die Verwendung von Fotographien und Filmen im Internet grundsätzlich immer urheberrechtlich relevant ist.
Wer gilt als Urheber?
Als Urheber gilt nach § 7 UrhG der Schöpfer des Werkes, also immer eine oder mehrere natürliche Personen. Während in den USA die sog. work-made-for-hire Doktrin gilt, wonach die Urheberrechte direkt beim Unternehmen entstehen, entsteht das Urheberrecht in Deutschland nur beim einzelnen Mitarbeiter. Startups sollten daher immer darauf achten, dass in den Arbeitsverträgen Klauseln enthaltenen sind, welche die Rechteübertragung von Urheberrechten an das Unternehmen regeln.
Wichtig ist auch, bei Gründungskonstellationen darauf zu achten, dass die Gründer ihre Rechte an das Unternehmen übertragen. Ansonsten könnte es bei einer zukünftigen Finanzierung Probleme geben, da bei Finanzierungsrunden immer darauf Wert gelegt wird, dass das Unternehmen die notwendigen Rechte innehat. Probleme wirft die Konzeption mit dem Schöpfer als natürlicher Person aktuell bei der Frage auf, wer Urheber eines durch einen Algorithmus mittels künstlicher Intelligenz geschaffenen Werkes ist.
Welchen Umfang hat der Urheberrechts- bzw. Leistungsrechtsschutz?
Der Schutzumfang ist von Gesetzes wegen sehr weit gefasst. Jeder Rechtsinhaber hat umfassende Verwertungsrechte und darf daher selbst entscheiden, wie er die „Früchte“ seiner Arbeit ernten möchte. In der Konsequenz führt dies dazu, dass im deutschen Recht grundsätzlich alle wirtschaftlich relevanten Nutzungsrechte beim Urheber liegen. Daher darf ein Werk zunächst nur mit Zustimmung des Urhebers (einer sog. Lizenz) benutzt werden. Verwertungsrechte, die im Onlinekontext besonders relevant sind, sind das Recht der Vervielfältigung, was schon beim bloßen Speichern eines Inhaltes betroffen ist, und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, was das Bereitstellen von Inhalten im Internet erfasst (die Frage, ob eine Verlinkung eine öffentliche Zugänglichmachung darstellt, wird demnächst in Blogbeitrag Nr. 3 beantwortet).
Was sind die Grenzen des Schutzes?
Aber natürlich sind die Urheberrechte nicht grenzenlos geschützt. Wichtiges Grundprinzip ist, dass nur die Form geschützt ist, aber nicht die zugrunde liegende Idee oder die Information. So kann ein Zeitungsartikel zu einem Thema urheberrechtlich geschützt sein. Allerdings spricht nichts dagegen, über das dort angesprochene Thema einen eigenen Artikel zu verfassen, wenn man andere Formulierungen verwendet. Auch bei Software ist im Grundsatz nur der zugrunde liegende Quellcode geschützt, nicht aber die Funktionsweise der Software. Somit ist das „Klonen“ von Internetseiten, also der Nachbau von Internetseiten gleicher Funktionalität, zumindest urheberrechtlich kein Problem, wenn man nicht den Quelltext kopiert.
Praktische Folge ist, dass das Urheberrecht beim Schutz von Ideen grundsätzlich (leider) nicht hilft. Wenn es um den Schutz von Ideen und Geschäftsgeheimnissen geht, s. daher unseren Blogbeitrag (Schutz von Ideenklau – der Geschäftsgeheimnisschutz).
Auch nicht von den Verwertungsrechten erfasst wird der sog. bloße Werkgenuß. So ist das Lesen eines Online-Artikels urheberrechtlich auch ohne Einwilligung zulässig. Das Hochladen auf der eigenen Internetseite dagegen nicht. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber verschiedene Ausnahmen sog. Schrankenregelungen vorgesehen, wonach in (engen) Grenzen Eingriffe in die Rechte des Urhebers auch ohne Einwilligung zulässig sind. So gibt es etwa Ausnahmen für die Verwertung von Werken zu Zwecken der Bildung und Forschung oder als Privatkopie. Die Schranken des Urheberrechts sind dabei Gegenstand hitziger Diskussionen, da hiermit die Grenzen unserer heutigen Netzkultur verhandelt werden. Selbst wenn es gesetzliche Schranken wie § 44a UrhG gibt, der eine Vervielfältigung im Rahmen eines technischen Verfahrens erlaubt, ist die rechtliche Anwendung auf innovative Technologien trotzdem oft schwierig (hierzu folgt demnächst der zweite Artikel zum Thema Data Mining und Urheberrecht).
Was sind die Folgen von Verstößen?
Als Folge von Verstößen kommen Ansprüche des Rechtsinhabers auf Unterlassung, ggf. Beseitigung und Schadenersatz, in Betracht. Geltend gemacht werden Ansprüche oftmals mit Abmahnungen. Mit diesen macht der Rechtsinhaber neben einem Unterlassungsanspruch regelmäßig Aufwendungen geltend, die ihm infolge der Urheberrechtsverletzung entstanden sind. Die Forderung von vierstelligen Beträgen für die Verletzung von einzelnen Rechten stellt dabei keine Seltenheit dar. Daher sollten sich auch Startups möglichst vorher Gedanken über mögliche urheberrechtliche Risiken machen, denn ansonsten besteht die Gefahr von horrenden Abmahnungen und Klagen. Daher: better safe than sorry.
Ausblick: In den nächsten Teilen der Reihen werden wir uns spezielleren Themen zuwenden. Weiter geht es mit dem Thema Big Data. Hier beschäftigten wir uns damit, ob beim Data Mining Urheberrechte verletzt werden.
Urheberrecht für Startups – Teil 2: Big Data – Urheberrechtliche Grenzen des Text- und Data Mining
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