11 / 04 / 2019
Online-Handel der offenen Grenzen – Die neue Geoblocking-Verordnung
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Seit dem 3. Dezember 2018 gilt für EU-Bürger die neue Geoblocking-Verordnung. Startups, die Online-Handel betreiben, müssen sich auf zahlreiche Änderungen einstellen und ihre Webshops entsprechend anpassen.

Wir geben Euch einen Überblick über die Ziele und Inhalte der neuen Geoblocking-Verordnung und zeigen auf, welche Maßnahmen Startups jetzt ergreifen müssen.

I. Was ist das Ziel der Geoblocking-Verordnung?

Wollten Kunden bisher über einen ausländischen EU-Webshop Produkte erwerben, wurden sie häufig automatisch auf die nationale Version des Shops umgeleitet. Oft war das entsprechende Produkt im nationalen Webshop gar nicht oder zu einem erheblich erhöhten Preis verfügbar. Ziel der Geoblocking-Verordnung ist, das Potenzial des digitalen Binnenmarktes besser auszuschöpfen, indem der Zugang zu nationalen Webshops für alle EU-Bürger eröffnet wird.

II. Geoblocking – Was ist das?

Beim Geoblocking wird der Zugriff auf eine bestimmte Website oder bestimmte digitale Inhalte beschränkt, weil der Kunde die Website oder den Inhalt von einem spezifischen Aufenthaltsort abrufen möchte. Der Aufenthaltsort des Kunden wird anhand der IP-Adresse bestimmt, die eine konkrete Länderkennung enthält. Anhand der Länderkennung wird dann der Zugang zur Website an sich oder zu Versandmöglichkeiten oder Zahlungsmitteln begrenzt. So kann ein deutscher Kunde z.B. niederländische Streaming-Angebote nicht aus Deutschland abrufen oder ein italienischer Kunde kann Waren aus einem deutschen Webshop nicht nach Italien bestellen.

III. Was regelt die neue Geoblocking-Verordnung?

Die neue Geoblocking-Verordnung soll genau diese Einschränkungen verhindern. Kunden aus der EU sollen beim grenzüberschreitenden Online-Einkauf innerhalb der EU nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, ihres Wohnsitzes oder ihres Niederlassungsortes diskriminiert werden.

IV. Kein Autoforwarding auf landesspezifischen Webshop

Als Ausprägung dieses Diskriminierungsverbotes muss der Kunde z.B. frei wählen können, über welche länderspezifische Version des Webshops er einkaufen möchte, ohne dass er automatisch auf den länderspezifischen Webshop seines Abrufortes umgeleitet wird (sog. Autoforwarding). Besucht z.B. ein deutscher Kunde aus Deutschland die niederländische Version eines Webshops, so darf er nicht mehr automatisch auf die deutsche Version des Shops umgeleitet werden.

Der Online-Händler kann den Kunden jedoch um dessen Zustimmung zur Weiterleitung auf den landesspezifischen Shop bitten. Stimmt der Kunde der automatischen Weiterleitung zu, muss diese Zustimmung jederzeit widerrufbar und der ursprüngliche Webshop leicht wieder aufrufbar sein. Stimmt ein deutscher Kunde (z.B. durch Setzen des Häkchens in einem Pop Up-Fenster) der Weiterleitung zu, muss er im Anschluss ohne Probleme zurück zur niederländischen Version des Webshops gelangen können.

V. Gleiche Preis- und Lieferbedingungen für alle Kunden 

Zudem sind alle Online-Händler verpflichtet, Kunden aus der EU dieselben Preis- und Lieferbedingungen anzubieten wie nationalen Kunden. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle landesspezifischen Versionen des Webshops eines Startups dieselben Geschäfts-, Preis- und Lieferkonditionen vorhalten müssen. Vielmehr liegt ein Verstoß gegen die Geoblocking-Verordnung nur dann vor, wenn innerhalb derselben landesspezifischen Version des Shops Kunden unterschiedlicher EU-Staaten jeweils unterschiedliche Konditionen angeboten werden. Die Geoblocking-Verordnung schreibt dem Online-Händler daher nicht vor, Kunden innerhalb der gesamten EU zu beliefern oder in allen landesspezifischen Versionen eines Webshops Waren zu den gleichen Preisen anzubieten.

Ein Online-Händler kann also ein bestimmtes Produkt im niederländischen Webshop preiswerter anbieten als in der deutschen Version des Webshops. Der Online-Händler kann auch den Versand nur innerhalb der Niederlande anbieten und die übrigen EU-Staaten nicht beliefern. Ein deutscher Kunde muss jedoch die Möglichkeit haben, das Produkt zum Preis, der im niederländischen Webshop angezeigt wird, zu bestellen und an eine niederländische Adresse liefern zu lassen, auch wenn die Rechnungsadresse in Deutschland liegt.

Entscheidet sich ein Online-Händler ein Produkt grundsätzlich auch in andere EU-Staaten zu liefern, darf zwar der Bruttopreis aufgrund z.B. unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze oder der Lieferkosten abweichen, der Nettopreis des Produktes muss jedoch für alle Kunden gleich sein.

VI. Keine Diskriminierung bei Zahlungsmitteln 

Auch bezüglich der angebotenen Zahlungsmodalitäten darf ein Online-Händler Kunden nicht aufgrund ihres Herkunftslandes diskriminieren. Der Online-Händler kann daher zwar frei entscheiden, welche Zahlungsmittel er akzeptiert, er muss jedoch die Zahlungsmöglichkeiten für Kunden aus der EU einheitlich gestalten. Er darf z.B. nicht verlangen, dass deutsche Kunden ausschließlich per Vorkasse bezahlen, während niederländische Kunden auf Rechnung bestellen können. Wird die Zahlungsmöglichkeit eines Zahlungsdienstleisters jedoch nicht EU-weit angeboten, liegt keine Beschränkung seitens des Online-Händlers, sondern des Zahlungsdienstleisters vor. Eine solche Beschränkung ist zulässig, sodass der Online-Händler dieses Zahlungsmittel nur für die Kunden anbieten darf, in deren Land der Zahlungsdienstleister das Zahlungsmittel auch anbietet.

VII. Keine Übersetzung der AGB notwendig 

Nicht notwendig ist hingegen eine sprachliche Anpassung des Webshops. So muss der niederländische Webshop nicht in deutscher Sprache zugänglich gemacht werden.

Gleiches gilt für die verfügbaren Rechtstexte wie AGB und Datenschutzerklärungen. Es ist nicht notwendig, die niederländischen AGB zu übersetzen, damit alle Kunden aus der EU sie verstehen können.

VIII. Anwendungsbereich der Geoblocking-Verordnung

Die neuen Regelungen gelten gegenüber allen Kunden, d.h. sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer. Unternehmer sind jedoch nur in ihrer Eigenschaft als Endabnehmer geschützt, d.h. nur für den Fall, dass Unternehmer Waren und Dienstleistungen einkaufen, die nicht weiterverkauft oder sonst wirtschaftlich weiter verwertet werden sollen.

IX. Ausnahmen vom Anwendungsbereich 

Neben Unternehmern, die Waren und Dienstleistungen weiterverwerten, d.h. keine Endabnehmer sind, sind weitere Wirtschaftsbereiche vom Anwendungsbereich der Geoblocking-Verordnung ausgenommen. Diese Ausnahme betrifft Unternehmen, die nationalen Werbe- oder Vertriebsbeschränkungen unterliegen. Dazu gehören insbesondere:

  • Finanz- und Gesundheitsdienstleistungen
  • Audiovisuelle Dienste (Streamingdienste wie Netflix oder Downloaddienste)
  • Telekommunikation
  • Soziale Dienste
  • Leiharbeit
  • Glücksspiel
  • Sicherheitsdienste

Fazit – Startups müssen Webshop anpassen

Startups, die im Online-Handel tätig sind und nicht unter diese Ausnahmeregelungen fallen, müssen unverzüglich ihren Webshop entsprechend den neuen Regularien der Geoblocking-Verordnung anpassen.

Startups müssen nach der Geoblocking-Verordnung Folgendes beachten:

  • Keine automatische Weiterleitung auf einen anderen länderspezifischen Webshop
  • Weiterleitung auf einen anderen länderspezifischen Webshop nur mit Zustimmung
  • Zustimmung zur Weiterleitung auf eine andere Länderversion der Website muss leicht widerrufbar sein
  • Auf länderspezifischem Webshop müssen Preis-, Zahlungs- und Lieferbedingungen für alle EU-Kunden identisch sein
  • Übersetzung von Rechtstexten (AGB, Datenschutzerklärung) innerhalb eines länderspezifischen Webshops ist nicht erforderlich
  • Unternehmer nur als Endabnehmer betroffen
  • Keine Anwendbarkeit der Geoblocking-Verordnung auf Finanz- und Gesundheitsdienstleistungen, audiovisuelle Dienste (Streamingdienste wie Netflix oder Downloaddienste), Telekommunikation, soziale Dienste, Leiharbeit, Glücksspiel und Sicherheitsdienste

 

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