Immer wieder müssen wir in der Beratungspraxis feststellen, dass geschäftsführende Gründer von Startups in der Rechtsform einer UG (haftungsbeschränkt) oder GmbH bereits im Gründungsprozess in die Haftungsfalle tappen. Häufig fällt dies erst bei der Vorbereitung einer Finanzierungsrunde oder im Rahmen einer Due Diligence auf.
In diesem Blogbeitrag zeigen wir einen Klassiker der Legal Fuckups – und wie man ihn vermeidet.
Handelndenhaftung – Was ist das und wen kann sie treffen?
Um das Problem zu verstehen muss man wissen, dass eine GmbH als eigene Rechtspersönlichkeit erst mit der Eintragung in das Handelsregister entsteht. Bis zur Eintragung in das Handelsregister besteht lediglich eine sog. Vorgesellschaft (auch Vor-GmbH oder GmbH i.Gr.). Für diese sowie für deren Gründer und Geschäftsführer gelten besondere Haftungsregelungen.
Ein Haftungsrisiko besteht dabei für die Personen, die im Zeitraum zwischen der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister für diese handeln. Solche Personen haften Drittgläubigern gegenüber gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG bis zur Eintragung gesamtschuldnerisch und persönlich. Diese sog. Handelndenhaftung dient – neben der Haftung der Gründer – als Ausgleich dafür, dass vor Eintragung der Gesellschaft die Kapitalaufbringung des gesetzlichen Mindestkapitals noch nicht sichergestellt ist. Letzteres ist aber nach der gesetzlichen Konzeption Grundvoraussetzung für die Haftungsbeschränkung bei der GmbH.
Adressat der Haftungsvorschrift ist dabei, wer als Geschäftsführer oder – faktisch – wie ein solcher für die Gesellschaft tätig wird. Die Handelndenhaftung erlischt, sobald die entsprechende Verbindlichkeit der Vorgesellschaft durch Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister auf diese übergeht.
Vornahme von Geschäften vor Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister
Grundsätzlich beschränkt sich die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer im Zeitraum zwischen der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags bis zur Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister auf die Vornahme der für die Eintragung der Gesellschaft notwendigen Geschäfte (z.B. Entgegennahme der Bar- bzw. Sacheinlagen, Anmeldung der Gesellschaft im Handelsregister).
Allerdings ist es in dieser Phase auch schon möglich, die Geschäfte aufzunehmen und rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zu treffen. Hierzu zählt bspw. der Abschluss von Verträgen mit Gesellschaftern, Kunden, Vermietern oder Mitarbeitern. Hierfür ist allerdings eine eindeutige Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich. In der Praxis wird ein entsprechender Wille der Gesellschafter allerdings häufig nicht ausreichend dokumentiert.
Manchmal ist in der Praxis auch zu beobachten, dass einzelne Gesellschafter vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister im Rechtsverkehr wie Geschäftsführer auftreten, ohne als solche bestellt worden zu sein.
Wichtig!
Bei der Vornahme von Geschäften vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister können damit schnell Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse überschritten werden. Zudem wird bisweilen nicht beachtet, dass die Geschäftsführer bei Handelsregisteranmeldung der Gesellschaft die Versicherung abgeben müssen, dass das satzungsmäßige Stammkapital ordnungsgemäß eingezahlt worden ist und der Geschäftsführung endgültig weiterhin zur Verfügung steht. Gerade im Falle des Abschlusses von Verträgen mit Gesellschaftern vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann diese Versicherung möglicherweise nicht oder nicht uneingeschränkt abgegeben werden. Werden im Rahmen der Versicherung falsche Angaben gemacht, stellt dies sogar eine Straftat dar.
Tipps zur Haftungsvermeidung
Die rechtssicherste Lösung liegt darin, vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nur die für die Eintragung der Gesellschaft erforderlichen Rechtsgeschäfte vorzunehmen und im Übrigen keine Geschäfte zu tätigen, insbesondere keine Verträge zu schließen.
Sollen dennoch Verträge bereits vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister abgeschlossen werden, wäre eine entsprechende Ermächtigung in den Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft aufzunehmen. Alternativ können die Gründer einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss fassen und die Geschäftsführung bzw. den sonstigen Handelnden zur Vornahme des jeweiligen Geschäfts ausdrücklich ermächtigen. Im Hinblick auf die gesetzliche Handelndenhaftung könnte zudem eine Freistellungsverpflichtung der Gesellschaft vereinbart werden. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn der handelnde Geschäftsführer nicht gleichzeitig auch Gesellschafter der Gesellschafter ist.
Häufig dürfte es zweckmäßig sein, dass das jeweilige Geschäft aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister abgeschlossen wird und damit erst mit Eintritt dieser Bedingung eine Rechtswirkung entfaltet.
Hierdurch kann auch das Risiko der Abgabe einer falschen Versicherung bei der Handelsregisteranmeldung reduziert werden.
Tipp
Soweit ein Geschäftsführer auf Grundlage der Handelndenhaftung in Anspruch genommen wird, besteht unter Umständen auch ein Regressanspruch gegenüber der Gesellschaft. Die Parteien tun jedoch gut daran, etwaige (Freistellungs-/Regress-) Ansprüche aus Gründen der Rechtssicherheit ausdrücklich durch Vertrag zu regeln.
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