24 / 04 / 2016
Crowdinvesting - Teil II: Welche Vorteile und Nachteile hat Crowdinvesting

Die Motive für eine Finanzierung durch Crowdinvesting sind vielfältig. Unternehmen sollten sich allerdings die mit dieser Art der Unternehmensfinanzierung verbundenen Vor- und Nachteile vor ihrer Entscheidung bewusst machen und die Vereinbarkeit mit der mittelfristigen Geschäfts- und Finanzplanung sicherstellen.

Vorteile des Crowdinvesting für das Unternehmen

Ein entscheidender Vorteil von Crowdinvesting liegt sicherlich darin, dass es eine Finanzierungsquelle auch für solche Unternehmen bietet, denen der Zugang zu andere Finanzierungsquellen verwehrt bleibt. Dies kann insbesondere in sehr frühen Unternehmensphasen der Fall sein, in denen z.B. weder Banken noch Investoren (z.B. Venture Capital – Gesellschaften) bereit sind, Kapital zur Verfügung zu stellen. Gleichermaßen bietet sich Crowdinvesting als Form der Unternehmensfinanzierung an für Unternehmen, deren Geschäftsmodell nicht im Investitionsfokus von Venture Capital – Gesellschaften steht. Im Gegensatz zu einer klassischen Bankenfinanzierung bestehen zudem keine besonderen Anforderungen an die Kapitalstruktur oder (Eigen-) Kapitalausstattung des Unternehmens, es sei denn, die jeweilige Crowdinvesting-Plattform hat besondere Voraussetzungen an die finanziellen Verhältnisse des Unternehmens festgelegt.

Im Gegensatz zu einer Kreditfinanzierung durch Banken sind im Rahmen einer Crowdinvesting-Finanzierung üblicherweise weder von dem Unternehmen noch von dessen Gesellschaftern Sicherheiten zu leisten. Dieser Umstand kommt insbesondere jungen Unternehmen zu Gute, die weder über Forderungen noch über sonstige Vermögensgegenstände verfügen, welche als Sicherheit für einen Kredit dienen könnten. Insoweit stellt das Crowdinvesting eine Alternative zur klassischen Bankenfinanzierung dar und wird zunehmend auch für mittelständische Unternehmen relevant. Dies gilt umso mehr, als durch die Umsetzung des im Juli 2015 in Kraft getretenen Kleinanlegerschutzgesetzes Crowdinvesting-Finanzierungen bis zu einer Höhe von EUR 2,5 Mio. unter bestimmten Voraussetzungen von der gesetzlichen Prospektpflicht befreit sind.

Durch die Inanspruchnahme von Crowdinvesting können zudem etwaige Finanzierungslücken des Unternehmens geschlossen werden. Solche Lücken können beispielsweise dann auftreten, wenn der Kapitalbedarf des Unternehmens für eine Business Angel-Finanzierung zu hoch, für eine Venture Capital-Investition hingegen (noch) zu gering ist. Darüber hinaus lassen sich Crowdinvesting-Finanzierungen als Co-Investments strukturieren und somit beispielsweise eine Finanzierung durch Business Angel, Venture Capital Gesellschaften oder die Hausbank hebeln.

Neben dem Zugang zu Kapital sind es insbesondere die mit einer Kampagne einhergehenden Begleiteffekte, die eine Crowdinvesting-Finanzierung vor allem für Startups interessant machen. Hierzu zählt insbesondere der Marketing- und Vertriebseffekt sowie die Möglichkeit zur Marktpotentialanalyse.

Um einen bestmöglichen Erfolg der Kampagne sicherzustellen, sind Unternehmen gezwungen, frühzeitig mit der Crowd zu kommunizieren und Unterstützer für ihr Unternehmen zu gewinnen. Zumindest im Falle einer Beteiligung haben diese Unterstützer ein ureigenes Interesse am Erfolg des Unternehmens, so dass sie als (Werbe-) Multiplikatoren des Unternehmens auftreten.

Durch den Kontakt zur Crowd können ferner sowohl das voraussichtliche Marktpotential als auch die ersten Marktannahmen zum Produkt oder zur Dienstleistung getestet werden. Insoweit bietet eine Kampagne insbesondere bei B2C-Geschäftsmodellen eine gute Möglichkeit, um potentielle Kunden zu akquirieren und an das Unternehmen zu binden. Darüber hinaus kann das Unternehmen das gewonnene Feedback unmittelbar in die weitere Entwicklung der Produkte oder Dienstleistungen einfließen lassen und somit frühzeitig auf die Bedürfnisse und Wünsche potentieller Zielkunden reagieren.

Crowdinvesting sollte allerdings nicht nur als Alternative zu bereits etablierten Finanzierungsformen, sondern auch als Ergänzung im Finanzierungs-Mix des Unternehmens in Betracht gezogen werden. Damit kommt Crowdinvesting sowohl für Startups als auch für mittelständische Unternehmen in Betracht. Startups sollten Crowdinvesting insbesondere als Ergänzung zu einer Business Angel-Finanzierung oder im Rahmen von Inkubator-Modellen erwägen. Aufgrund der Einsatzmöglichkeiten bei Produktvalidierung und Marktfeedback lässt sich eine Crowdinvesting-Kampagne ferner gut in eine Lean Startup-Strategie integrieren.

Nachteile des Crowdinvesting für das Unternehmen

Mit jeder Unternehmensfinanzierung über Crowdinvesting sind auch Nachteile verbunden, die bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden sollten.

Zu diesen Nachteilen gehört zunächst die fehlende Sicherheit, dass eine Crowdinvesting-Kampagne tatsächlich erfolgreich sein wird, d.h. dass das benötigte bzw. angestrebte Kapital auch tatsächlich eingeworben werden kann. Gerade in Anbetracht dessen, dass eine Crowdinvesting-Kampagne einer sorgfältigen Vorbereitung bedarf, können zwischen der Entscheidung für das Crowdinvesting und dem Abschluss einer Kampagne mehrere Monate liegen. Diese Planungsunsicherheit kann bei Unternehmen, die dringend auf Kapitalzuflüsse in einer bestimmten Höhe angewiesen sind, gegen ein Crowdinvesting sprechen.

Auch mit der Durchführung eines Crowdinvesting selbst gehen Belastungen für das kapitalsuchende Unternehmen einher. An dieser Stelle wird häufig der personelle und administrative Aufwand im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung einer Kampagne von den Unternehmen unterschätzt.

Als Nachteil kann man ferner betrachten, dass die auf den Plattformen verwendeten Vertragsdokumente zur Regelung der Rechte und Pflichten zwischen Unternehmen und den Anlegern in der Regel stark standardisiert sind. Das Geschäftsmodell der Crowdinvesting-Plattformen und die komplexe Rechtsmaterie der verwendeten Verträge erlauben üblicherweise aus finanzieller Sicht keine wesentlichen Änderungen der Verträge im Einzelfall. So müssen die Unternehmen genau prüfen, ob die Vertragsregelungen auch für ihren konkreten Fall passen.

Der administrative, personelle sowie finanzielle Aufwand einer Crowdinvesting-Kampagne erhöht sich, wenn aufgrund des Beteiligungsmodells oder des Kapitalbedarfs des Unternehmens im Vorfeld zur Kampagne ein Wertpapier- oder Vermögensanlagenverkaufsprospekt erstellt werden muss. Die Gründer sowie das Unternehmen stehen dann vor der Herausforderung, die für die Erstellung des Prospekts erforderlichen Informationen häufig unter Zeitdruck ermitteln und aufbereiten zu müssen. Auch wenn sich der Prozess der Prospekterstellung durch eine strukturierte Vorbereitung der Informationsbeschaffung sowie durch eine frühzeitige Abstimmung und Koordination mit der zuständigen Aufsichtsbehörde effizienter gestalten lässt, ist er zeitaufwendig sowie kostenintensiv und kommt daher erst bei höheren Finanzierungsvolumina in Betracht.

Oftmals ist dem Unternehmen nicht ausreichend bewusst, dass die gängigen Beteiligungsmodelle mit langfristigen Verpflichtungen gegenüber den Anlegern einhergehen. Neben den finanziellen Verpflichtungen in Form eines etwaigen Kapitaldienstes betrifft dies beispielsweise auch die auf Grundlage der Beteiligungsdokumentation oder gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllenden Folgepflichten (z.B. Informations- und Veröffentlichungspflichten in Form von Reportings etc.). Daneben können den Anlegern je nach Beteiligungsmodell auch bestimmte Mitwirkungs-, Kontroll- und Auskunftsrechte zustehen, die das Unternehmen für die Dauer der Beteiligung zu beachten hat. Insoweit empfiehlt es sich, die aus der Beteiligungsdokumentation und den gesetzlichen Bestimmungen resultierenden Folgepflichten für das Unternehmen in der Entscheidung über die Art der Unternehmensfinanzierung zu berücksichtigen.

Auch sollte berücksichtigt werden, dass aufgrund der Vielzahl der Anleger sowohl das Konfliktpotential als auch das damit zusammenhängende Risiko von Rechtsstreitigkeiten steigt. Dieses Risiko gewinnt insbesondere im Rahmen von Anschlussfinanzierungen an Bedeutung. Zukünftige Investoren sind oftmals nicht bereit, das unüberschaubare Konfliktpotential und die daraus resultierenden, nicht immer eindeutig zu bestimmenden, rechtlichen Risiken zu tragen.

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