Startups, die Software entwickeln und Kunden anbieten, sind in der Regel verpflichtet, ihre Kunden über Möglichkeiten der angebotenen Software und deren Einsatzbereich aufzuklären. Insbesondere wenn der Kunde nicht sachkundig ist, bestehen umfangreiche Hinweis- und Beratungspflichten des Startups.
In Teil 1 unseres Beitrags haben wir bereits erläutert, wann und in welchem Umfang Software-Startups ihre Kunden aufklären müssen.
In Teil 2 gehen wir auf die Besonderheiten bei (SaaS-)Lizenzmodellen ein und klären auf, in welchem Umfang Software-Startups ihre Kunden auf Lizenzkonflikte oder Lizenzlücken hinweisen müssen.
Lizenzmodelle werden immer komplizierter
Obwohl es keine allgemeine Beratungspflicht hinsichtlich Lizenzmodellen und Vergütung gibt (s. Teil 1) wird immer öfter gefordert, die Software-spezifischen Beratungspflichten auch auf Lizenzmodelle auszuweiten.Hintergrund der Forderung ist, dass der Kunde eine Lizenz-Compliance durch die Lizenzierung der Software herstellen wolle. Lizenzverträge, Lizenzmodelle sowie Lizenzmetriken vieler Anbieter und Startups seien jedoch mittlerweile so komplex, dass sie für Kunden nicht mehr zu verstehen seien.
Lizenzlücken oder -konflikte für Kunden nur schwer erkennbar
Entsprechende Lizenzlücken oder -konflikte seien daher für den Kunden nur schwer erkennbar. Das Startup hingegen hätte durch die Vertragsverhandlungen sämtliche Informationen zur IT-Systemumgebung, Nutzungsszenarien und angebundene Drittsysteme des Kunden erhalten und könne die notwendigen Lizenzen besser einordnen als der Kunde. Dies würde umso mehr gelten, wenn das Startup die Implementierung der Software übernehmen würde.
Startup soll Lizenz-Compliance bestätigen müssen
Sofern der Kunde daher zur Beschreibung des Lizenzszenarios in der Lage ist, solle das Startup verpflichtet sein, dem Kunden zu bestätigen, dass mit den erworbenen Lizenzen die gesamte IT-Umgebung und alle Nutzungsszenarien vollständig abgedeckt sind. Sofern der Kunde nicht zur Beschreibung des Lizenzszenarios in der Lage ist, müsse das Startup ggf. mittels eines eigenständigen Beratungsvertrages selbständig das Lizenzszenario ermitteln.
Nachforderungen von Lizenzgebühren in der Praxis
In der jetzigen Praxis würde hingegen nicht auf möglicherweise bestehende Lizenzierungslücken oder Lizenzkonflikte hingewiesen. Kritisiert wird, dass erst im Nachgang zur Implementierung der Software im Wege eines Audits entsprechende Lizenzlücken aufgedeckt würden. Dies würde zu entsprechenden Nachforderungen von Lizenzgebühren führen, insbesondere im Hinblick auf an die Software angebundene Drittsysteme, die auf die Software zugreifen.
Verantwortung für Lizenz-Compliance liegt beim Kunden
Obwohl die Forderung nach einer Beratungspflicht in Bezug auf Lizenzmodelle grundsätzlich nachvollziehbar ist, geht sie doch zu weit.
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für Lizenz-Compliance beim Kunden. In der Praxis prüft ein Startup in der Regel nicht das zu lizenzierende Gesamtszenario des Kunden, auch dann nicht, wenn dem Startup die Systemlandschaft des Kunden bekannt ist.
Keine generelle Beratungspflicht in Bezug auf Lizenz-Compliance
Bei einfachen Lizenzmodellen, die auch für den Kunden nachvollziehbar sind, gäbe es ohnehin kein Wissensgefälle zwischen Startup und Kunde, welches eine Beratungspflicht auslösen würde. In diesen Fällen kann sich der Kunde selbst informieren und sich das passende Lizenzmodell aussuchen.
Hinsichtlich komplexer Lizenzmodelle kann es nicht Aufgabe des Startups sein, sich eigenständig in die komplette IT-Umgebung des Kunden – zumal ohne entsprechende Vergütung – einzuarbeiten und zudem die rechtliche Verantwortung für die Lizenz-Compliance zu übernehmen. Dies sieht auch die Rechtsprechung bisher so und statuierte bisher keine generelle Beratungspflicht in Bezug auf Lizenz-Compliance.
TIPP – Empfehlung für die Praxis
Da eine solche generelle Beratungspflicht in Bezug auf Lizenz-Compliance bisher von der Rechtsprechung nicht angenommen wird, ist eine umfassende Lizenzberatung im Vorfeld eines Vertragsschlusses nicht erforderlich.
Auf offensichtliche Lizenzkonflikte oder Lizenzlücken sollte das Startup den Kunden dennoch im Rahmen einer guten Kundenbeziehung und im Eigeninteresse der umfangreichen Lizenzierung der Software hinweisen.
Wünscht der Kunde eine ausführliche Beratung, bietet es sich an, einen gesonderten Beratungsvertrag zu schließen und in diesem Rahmen den Lizenzbedarf des Kunden zu ermitteln. Für die Beratungsleistungen haftet das Startup allerdings auch entsprechend. Dies bedeutet, dass eine Falschberatung unter Umständen einen Schadensersatzanspruch auslösen kann.
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