Bei den derzeit am Markt befindlichen Crowdinvesting-Modellen werden zur Finanzierung von Unternehmen überwiegend sog. Vermögensanlagen im Sinne des Vermögensanlagengesetzes angeboten. Bei den im Crowdinvesting eingesetzten Vermögensanlagen handelte es sich ursprünglich vorwiegend um nicht in Wertpapieren verbriefte Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren (insbesondere stille Beteiligungen) oder Genussrechte. Partiarische (Nachrang-) Darlehen zählten nach alter Rechtslage nicht zu Vermögensanlagen in diesem Sinne und unterlagen damit auch nicht den Anforderungen des Vermögensanlagengesetzes. Um einer Prospektpflicht zu entgehen, kamen bei Crowdinvesting-Finanzierungen daher überwiegend (partiarische) Nachrangdarlehen zum Einsatz. Diesen Umstand hat der Gesetzgeber erkannt und im Rahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes den Begriff der Vermögensanlage erweitert um partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen. Damit unterliegen seit Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes grundsätzlich auch die im Crowdinvesting anzutreffenden (partiarischen) Nachrangdarlehen der Prospektpflicht.
Soweit Vermögensanlagen öffentlich, d.h. einer unbestimmten Zahl von Personen, angeboten werden, muss nach dem Vermögensanlagengesetz grundsätzlich ein sogenannter Verkaufsprospekt erstellt, von der BaFin gebilligt und im Anschluss veröffentlicht werden. Um ein öffentliches Angebot handelt es sich auch dann, wenn das Angebot – wie beim Crowdinvesting der Fall – ausschließlich über das Internet erfolgt und eine vorherige Registrierung der Anleger auf einer Crowdinvesting-Plattform erforderlich ist. Die Pflicht zur Prospekterstellung und -veröffentlichung trifft dabei den Anbieter der Vermögensanlagen. Als Anbieter ist derjenige zu qualifizieren, der für das öffentliche Angebot der Vermögensanlagen verantwortlich ist und den Anlegern gegenüber nach außen erkennbar als Anbieter auftritt. Beim Crowdinvesting ist dies regelmäßig der Emittent, mithin das kapitalsuchende Unternehmen. Die Crowdinvesting-Plattform ist hingegen im Regelfall nicht als Anbieter zu qualifizieren. Sie ist nicht für die Durchführung des öffentlichen Angebots verantwortlich, sondern stellt im Wesentlichen nur die Infrastruktur für die Durchführung des Angebots bereit und vermittelt die Beteiligungsangebote.
Soweit ein Verkaufsprospekt erstellt werden muss, hat dieser alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben zu enthalten, die notwendig sind, um einem potentiellen Anleger eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlage selbst zu ermöglichen. Dies umfasst auch Angaben zu den Geschäftsaussichten und über die Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane. Der hierbei anzulegende Maßstab richtet sich nach dem Verständnis der mit dem Prospekt angesprochenen Interessenten. Insoweit sind die in den Prospekt aufzunehmenden Angaben im jeweiligen Einzelfall sorgfältig zu ermitteln sowie Art und Weise der Darstellung an den angesprochenen Adressatenkreis anzupassen. Ungeachtet dessen sieht die zum Vermögensanlagengesetz veröffentlichte Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung einen Katalog von Mindestangaben vor, die in einen Verkaufsprospekt zwingend aufzunehmen sind. Die aufzunehmenden Mindestangaben sind jüngst durch das Kleinanlegerschutzgesetz zum Schutze von Kleinanlegern erweitert worden, insbesondere um Angaben zu Auswirkungen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie der Geschäftsaussichten auf die Fähigkeit des Emittenten, seinen Verpflichtungen zur Zins- und Rückzahlung nachzukommen. Darüber hinaus kann die BaFin die Aufnahme zusätzlicher Angaben verlangen, soweit dies zum Schutz des Publikums geboten erscheint.
Die BaFin prüft den Verkaufsprospekt auf Vollständigkeit der Mindestangaben, Widerspruchsfreiheit (sog. Kohärenz) und Verständlichkeit. Insbesondere für den Fall, dass der Verkaufsprospekt nicht alle erforderlichen Mindestangaben oder die von der BaFin im Einzelfall geforderten zusätzlichen Angaben enthält, kann die BaFin die Billigung des Prospekts verweigern. Eine Prüfung der Prospektangaben auf deren inhaltliche Richtigkeit oder die Attraktivität der Kapitalanlage findet hingegen nicht statt. Vor einer Billigung des Verkaufsprospekts durch die BaFin darf dieser nicht veröffentlicht werden. Sobald allerdings eine Billigung erfolgt, ist der Verkaufsprospekt unverzüglich gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu veröffentlichen und bei der BaFin (elektronisch) zu hinterlegen. Aufgrund der Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz sind nach der neuen Rechtslage auch Verkaufsprospekte für Vermögensanlagen wie Wertpapierprospekte lediglich für einen Zeitraum von zwölf Monaten ab Billigung gültig unter der Voraussetzung, dass sie um erforderliche Nachträge ergänzt werden.
Crowdinvesting-Tipp: BaFin
Soweit ein Verkaufsprospekt zu veröffentlichen ist, empfiehlt sich eine frühzeitige Kommunikation mit der BaFin, um einen reibungslosen und zügigen Ablauf des Billigungsverfahrens sicherzustellen. Insbesondere sollten die in den Prospekt aufzunehmenden Finanzinformationen sowie der Zeitplan frühzeitig mit der BaFin abgeklärt werden. Auch wenn kein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden muss (z.B. bei Angeboten im Rahmen der Befreiung von Schwarmfinanzierungen von der Prospektpflicht), kann sich im Einzelfall eine Abstimmung mit der BaFin empfehlen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Aufbereitung des ggf. zu veröffentlichenden Vermögensanlagen-Informationsblattes (VIB) sowie die Anforderungen an den Investitionsprozess auf der Crowdinvesting-Plattform. Zwar gehört dies zum Organisationsbereich und zum Leistungsspektrum der Crowdinvesting-Plattformen, allerdings ist im Verhältnis zu den Anlegern und der BaFin allein der Anbieter, im Regelfall also das kapitalsuchende Unternehmen verantwortlich. Im Einzelfall kann zudem erforderlich sein, sich von der BaFin schriftlich bestätigen zu lassen, dass keine Erlaubnispflicht nach dem Kapitalanlagengesetzbuch oder dem Kreditwesengesetz erforderlich ist. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Abstimmung mit der BaFin reibungsloser und weniger zeitintensiv gestaltet, umso besser die Korrespondenz und ggf. einzureichende Unterlagen aufbereitet sind.
Artikelreihe ‘Crowdinvesting’:
- Teil I: Was ist Crowdinvesting und kommt es als Finanzierungsform für mein Unternehmen in Betracht?
- Teil II: Welche Vorteile und Nachteile hat Crowdinvesting
- Teil III: Welche Beteiligungsformen gibt es und worin liegen die Unterschiede – Eine Einführung
- Teil IV: Eigenkapitalbeteiligungen
- Teil V: (Atypisch) Stille Beteiligungen
- Teil VI: Genussrechte
- Teil VII: Partiarische Nachrangdarlehen
- Teil VIII: Pooling-Modelle
- Teil IX: Die Qual der Wahl: welche Plattform und welches Crowdinvesting-Modell passen zu meinem Unternehmen?
- Teil X: Welche Pflichten sind mit einer Crowdinvesting-Finanzierung verbunden – Ein Überblick
- Teil XI: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 1: Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz
- Teil XII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 2: Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz
- Teil XIII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 3: Ausnahmen von der Prospektpflicht und Widerrufsrecht
- Teil XIV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 4: Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB)
- Teil XV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 5: Vertragliche Informationspflichten
- Teil XVI: Nachgelagerte Informationspflichten
- Teil XVII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 1
- Teil XVIII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 2
- Teil XIX: Fazit und Ausblick