Das Crowdinvesting lebt davon, dass sich eine große Zahl von Investoren mit vergleichsweise kleinen Beträgen am Unternehmen beteiligt. Dies führt dazu, dass das Unternehmen einen großen Kreis von Anlegern erhält. Für Unternehmen, die nach einer Anschubfinanzierung durch die Crowd eine Folgefinanzierung durch professionelle Investoren (z.B. Venture Capital-Gesellschaften) planen, ergibt sich daraus häufig ein Problem. Professionelle Investoren sind in der Regel nicht bereit, das aus einer unmittelbaren Beteiligung der Crowd am Unternehmen resultierende Konfliktpotential sowie die damit verbundenen rechtlichen Risiken zu tragen. Dies gilt sowohl für Eigenkapitalbeteiligungen, als auch Mezzanine Finanzierungsinstrumente. Aus diesem Grund haben sich in der Praxis mittlerweile unterschiedliche Crowdinvesting-Modelle etabliert, bei denen die Anleger „gepoolt“ werden. Im Wesentlichen lässt sich zwischen folgenden Pooling-Modellen unterscheiden.
Pooling in Zweckgesellschaft
Ein Pooling der Anleger kann derart erfolgen, dass sich die Anleger nicht unmittelbar an dem zu finanzierenden Unternehmen, sondern über eines der oben genannten Finanzierungsinstrumente an einer zwischengeschalteten Zweck- bzw. Projektgesellschaft beteiligen (vgl. Abb. 1). Diese ist wiederum am Unternehmen beteiligt und reicht im Ergebnis die aus der Beteiligung resultierenden Erlöse an die Anleger weiter. Durch derartige Gestaltungen werden das Konfliktpotential und die hiermit verbundenen rechtlichen sowie wirtschaftlichen Risiken in der Zweckgesellschaft gebündelt. Zudem wird die laufende Verwaltung sowie die Beendigung der Beteiligung am Unternehmen vereinfacht, da sich im Rahmen der Crowdinvesting-Finanzierung lediglich ein einzelner Investor – nämlich die Zweckgesellschaft – am Unternehmen beteiligt. Vor dem Hintergrund der hierdurch erzielten Aufwands- und Risikominimierung werden professionelle Investoren häufiger bereit sein, nach einer Crowdinvesting-Finanzierung eine Anschlussfinanzierung zu gewähren. Darüber hinaus lassen sich im Falle eines zukünftigen Kapitalbedarfs über das Pooling-Vehikel auch weitere Finanzierungsrunden abbilden. Hierzu kann die Zweckgesellschaft weitere Finanzinstrumente an bestehende Anleger ausgeben oder die benötigten Mittel am Kapitalmarkt einwerben.
Abb. 1: Grundstruktur des Poolings in einer Zweckgesellschaft
Bei der Strukturierung eines solchen Pooling-Modells ist allerdings darauf zu achten, dass die Zweckgesellschaft kein Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches darstellt und damit der Regulierung alternativer Investments unterliegt. Da es sich bei dem insoweit einschlägigen Kapitalanlagegesetzbuch um ein recht neues und komplexes Gesetz handelt, bestehen hier viele offene Rechtsfragen. In Zweifelsfällen ist eine enge Abstimmung mit der BaFin empfehlenswert.
Poolingvereinbarung
Ein Pooling der Anleger ist auch dergestalt möglich, dass zwischen den Anlegern und der Crowdinvesting-Plattform eine Poolingvereinbarung abgeschlossen wird (vgl. Abb. 2). Solche Poolingvereinbarungen sind zum Teil den Regelungen über Gläubigerversammlungen und -beschlüsse nach dem Schuldverschreibungsgesetz nachgebildet, welches insbesondere bei Anleiheemissionen Anwendung findet.
Abb. 2: Poolingvereinbarung
Hierdurch soll vertraglich eine kollektive Willensbildung und Bindung der Anleger erreicht werden, insbesondere im Falle von Anschlussfinanzierungen oder Beteiligungs- und Unternehmensverkäufen. Mittels der Poolingvereinbarung sollen Anleger die Möglichkeit haben, kollektiv über eine Anpassung oder Beendigung der mit dem Unternehmen im Rahmen einer Crowdinvesting-Finanzierung abgeschlossenen Beteiligungsverträge abzustimmen und die Mehrheitsentscheidung für sämtliche Anleger gelten zu lassen. Insbesondere sehen Poolingvereinbarungen häufig die Möglichkeit zur kollektiven Entscheidung über die Annahme bzw. Ablehnung einer Vertragsablösung vor, etwa bei Einstieg eines institutionellen oder strategischen Investors. Zu diesem Zweck wird in der Regel die Crowdinvesting-Plattform dabei in der Poolingvereinbarung als gemeinsamer Vertreter der Anleger bestimmt und führt den Mehrheitsbeschluss gegenüber dem Unternehmen aus (z.B. Erklärungen von Verzichten, Zustimmungen etc.).
In den weiteren Teilen unserer Artikelreihe setzen wir uns mit der Frage auseinander, nach welchen Kriterien Unternehmen bei der Auswahl von Crowdinvesting-Plattformen vorgehen können. Bei diesen Kriterien werden auch die in diesem Teil beschriebenen rechtlichen Unterschiede der Beteiligungsformen eine Rolle spielen.
Artikelreihe ‘Crowdinvesting’:
- Teil I: Was ist Crowdinvesting und kommt es als Finanzierungsform für mein Unternehmen in Betracht?
- Teil II: Welche Vorteile und Nachteile hat Crowdinvesting
- Teil III: Welche Beteiligungsformen gibt es und worin liegen die Unterschiede – Eine Einführung
- Teil IV: Eigenkapitalbeteiligungen
- Teil V: (Atypisch) Stille Beteiligungen
- Teil VI: Genussrechte
- Teil VII: Partiarische (Nachrang-) Darlehen
- Teil VIII: Pooling-Modelle
- Teil IX: Die Qual der Wahl: welche Plattform und welches Crowdinvesting-Modell passen zu meinem Unternehmen?
- Teil X: Welche Pflichten sind mit einer Crowdinvesting-Finanzierung verbunden – Ein Überblick
- Teil XI: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 1: Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz
- Teil XII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 2: Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz
- Teil XIII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 3: Ausnahmen von der Prospektpflicht und Widerrufsrecht
- Teil XIV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 4: Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB)
- Teil XV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 5: Vertragliche Informationspflichten
- Teil XVI: Nachgelagerte Informationspflichten
- Teil XVII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 1
- Teil XVIII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 2
- Teil XIX: Fazit und Ausblick