26 / 04 / 2016
Crowdinvesting - Teil VII: Partiarische Nachrangdarlehen

Seit einiger Zeit setzen Crowdinvesting-Plattformen vermehrt partiarische Nachrangdarlehen als Beteiligungsform ein. Ursprünglicher Grund für den Einsatz war der Umstand, dass partiarische Darlehen nicht den Regelungen des Vermögensanlagengesetzes und damit keiner Prospektpflicht unterlagen. Allerdings hat sich dies durch das im Juli 2015 in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz geändert. Nunmehr stellen auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen Vermögensanlagen im Sinne des Gesetzes dar und unterliegen damit im Falle eines öffentlichen Angebotes grundsätzlich der Prospektpflicht. Der Gesetzgeber hat jedoch im Rahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes eine Ausnahme von der Prospektpflicht für Schwarmfinanzierungen eingeführt, innerhalb dieser – unter Einhaltung gewisser Voraussetzungen – eine Kapitalaufnahme bis zu einem Betrag in Höhe von EUR 2,5 Mio. prospektfrei möglich ist. Vor dem Hintergrund dieser Privilegierung setzen die meisten Crowdinvesting-Plattformen mittlerweile ausschließlich (partiarische) Nachrangdarlehen ein.

Bei (partiarischen) Nachrangdarlehen handelt es sich wie bei stillen Beteiligungen und Genussrechten um eine Form von Mezzaninem Kapital. Der Anleger ist Kreditgeber und gewährt dem Unternehmen – wie bei einem gewöhnlichen Darlehen auch – einen Geldbetrag zur zeitlich befristeten Nutzung. Der Anspruch des Anlegers auf Rückzahlung des Darlehens unterliegt dabei einem Nachrang gegenüber sonstigen Gläubigern des Unternehmens. Das (partiarische) Darlehen leitet sich ursprünglich aus der Idee ab, dem Darlehensgeber keinen festen, sondern einen vom Gewinn abhängigen und/oder nach dem Gewinn des Unternehmens zu bestimmenden Zins zu gewähren. Diese erfolgsabhängige bzw. erfolgsorientierte Verzinsung ist neben dem Nachrang des Zins- und Rückzahlungsanspruchs das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu einem klassischen Kredit.

Über die soeben beschriebene Grundkonzeption gehen die marktüblichen Crowdinvesting-Modelle aber deutlich hinaus. Für die Bereitstellung des Kapitals erhalten Anleger neben einem gewinnabhängigen Zins auch in der Regel eine nach dem Unternehmenswert zu bestimmende Verzinsung bei Beendigung des Darlehensvertrages bzw. in sog. Exit-Fällen, d.h. z.B. im Falle des Verkaufs des Unternehmens. Der Darlehensgeber wird damit wirtschaftlich ähnlich gestellt, als wäre er am Unternehmen als Gesellschafter beteiligt.
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Auf einen Blick

Partiarische Nachrangdarlehen

Rechtliche Vorgaben

Häufig verwendete Konditionen

Rechtsstellung des Anlegers

(schuldrechtlicher) Gläubiger

Rechtsform des Unternehmens Grds. keine bestimmte Rechtsform erforderlich GmbH oder UG
Maßgebliche Regelungen §§ 488 ff. BGB; weitestgehend Vertragsfreiheit – flexible vertragliche Ausgestaltung möglich I.d.R. weitestgehend vom Gesetz abweichende Regelungen
Pooling

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Z.T. Pooling-Vereinbarung mit Beteiligungsgesellschaft: Online- Abstimmungsverfahren bei Angeboten auf Ablösung bzw. Erwerb sämtlicher partiarischer Nachrangdarlehen;
Vertragsänderungen (z.B. bei Folgefinanzierungen, Exit)=> Beschluss bedarf 3/4 Mehrheit und ist für alle Darlehensgeber verbindlich, Wertschwellen als Missbrauchsschutz
Zinsen / Erlöspartizipation Zinsanspruch, i.d.R. gewinnabhängig und/oder gewinnorientiert; z.T. niedrige Grundverzinsung Ertragsunabhängige feste Verzinsung   i. H. v. 1% p.a.
Gewinnabhängiger jährlicher Bonuszins: Partizipation entsprechend der Beteiligungsquote am Jahresüberschuss (i.d.R. korrigiert um bestimmte Positionen); entfällt bei Jahresfehlbetrag
Einmaliger Bonuszins nach wirksamer Kündigung: Partizipation entsprechend der Beteiligungsquote am Unternehmenswert (i.d.R. IDW S1, EBIT- oder Umsatzmultiple); i.d.R. kein Bonuszins soweit Anleger außerordentliche Kündigung schuldhaft verursacht hat
Partizipation am Exit-Erlös entsprechend der Beteiligungsquote; i.d.R. auch in voller Höhe bei missbräuchlicher Verhinderung eines Exitfalles bzw. Schmälerung des Exit-Erlöses
Verlustteilnahme Per se ausgeschlossen Keine Verlustteilnahme
Nachschusspflicht / Haftung der Anleger Keine Nachschusspflicht Keine Nachschusspflicht
Fremd- oder Eigenkapital

Fremdkapital

Bilanzierung

Fremdkapital

Dauer; (Mindestvertrags-) Laufzeit; Kündigung I.d.R. 3-8 Jahre (typ.: 5 Jahre) Unbefristete Laufzeit, aber frühestens nach Ablauf von 5-8 Jahren kündbar; Katalog wichtiger, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigender Gründe (z.B. bei Wettbewerbsverhältnis)
Mitwirkungs-, Weisungs- oder Stimmrechte

Keine Mitwirkungs-, Weisungs- oder Stimmrechte

Informations- und Kontrollrechte Keine bzw. kaum Informations-/ Kontrollrechte; i.d.R. jedoch weitergehende Informations-/ Kontrollrechte vertraglich vereinbart Übermittlung des steuerrechtlichen Jahresabschlusses (z.T. nur auf Anfrage); Einsichts-/Prüfungsrecht bzgl. Unterlagen und Bücher; quartalsweises Reporting (Cash-Flow, wesentliche Informationen und Geschäftsentwicklung sowie Finanzprognosen)
Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen

Kein Bezugsrecht

Verwässerung Keine Verwässerung Grds. Verwässerung durch (effektive) Kapitalerhöhungen und neue Crowdinvesting-Runden; keine Verwässerung bei missbräuchlichen Kapitalerhöhungen; z.T. Verwässerungsschutz bei Down-Rounds
Nachrang (Qualifizierter) Rangrücktritt (Qualifizierter) Rangrücktritt
Übertragbarkeit Vertragliche Regelung maßgeblich Abtretung im Ganzen i.d.R. möglich (z.T. erst nach Haltefrist); aber: keine Abtretung an Wettbewerber
Folgen der Vertragsbeendigung Vertragliche Regelung maßgeblich; bei endfälligen Darlehen: Rückzahlung der Darlehensvaluta und ggfs. Zinsen Rückzahlung des Darlehensbetrages (z.T. in Raten); ggfs. Stundung, soweit Auszahlung zur (drohenden) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung führt (i.d.R. begrenzt auf max. 1-2 Jahre und verzinst)
Auszahlung ausstehender (Bonus-) Zinsen
Prospektpflicht

Bei öffentlichen Angeboten: Ja (§ 6 VermAnlG);
Aber: Ausnahmen (z.B. Befreiungen für Schwarmfinanzierungen)

Inanspruchnahme der Befreiungen für Schwarmfinanzierungen

Quelle: eigene Darstellung; Stand: November 2015

Ebenso wie bei Genussrechten begründet das Unternehmen mit dem Anleger kein gesellschaftsrechtliches, sondern nur ein schuldrechtliches Verhältnis. Mangels gesellschaftsrechtlicher Mitwirkungs-, Informations- und Kontrollrechte können Anleger damit auch keinen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausüben. Einzelne dieser Rechte können – wovon in der Praxis häufig Gebrauch gemacht wird – allerdings vertraglich vereinbart werden. Insbesondere sehen die marktüblichen Gestaltungen vor, dass den Anlegern die zur Kontrolle der Gewinnermittlung erforderlichen Informationen (z.B. Jahresabschluss) vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden müssen. Zum Teil müssen den Anlegern auch Geschäfts- und Quartalsberichte übermittelt werden.

Crowdinvesting-Tipp: Partiarische Nachrangdarlehen

Die zunehmende Beliebtheit des partiarischen Nachrangdarlehens als Beteiligungsform für eine Crowdinvesting-Finanzierung resultiert aus dem Umstand, dass aufgrund der Privilegierung von Schwarmfinanzierungen regelmäßig kein Vermögensanlagenprospekt veröffentlicht werden muss. Aus diesem Grund ist diese Beteiligungsform besonders interessant für Unternehmen, die innerhalb eines Jahres mehr als EUR 100.000 an Kapital einwerben möchten. Würde das Unternehmen in diesem Umfang das Kapital durch stille Gesellschaften oder Genussrechte einwerben, müsste es hingegen bei einem öffentlichen Angebot einen Prospekt erstellen, von der BaFin billigen lassen und vor Angebotsbeginn veröffentlichen. Dabei ist aber zu beachten, dass eine Prospektpflicht nur dann nicht besteht, wenn es sich bei dem Beteiligungsmodell aufgrund der inhaltlichen Ausgestaltung unter rechtlichen Gesichtspunkten auch tatsächlich um ein partiarisches Nachrangdarlehen handelt. Viele am Markt als “partiarische Nachrangdarlehen” bezeichnete Verträge lassen sich von Genussrechten und stillen Gesellschaften nicht mehr rechtssicher abgrenzen. Allein die Bezeichnung als partiarisches Nachrangdarlehen ist für die entsprechende rechtliche Einordnung nicht ausreichend. Will ein Startup sich über “partiarische Nachrangdarlehen” in einem Umfang von mehr als EUR 100.000 pro Jahr finanzieren, sollte es die jeweilige Crowdinvesting-Plattform auf die rechtliche Einordnung ihres Beteiligungsmodells ansprechen und sich auch über damit einhergehende Risiken informieren. Im Einzelfall kann sich dann auch eine eigene rechtliche Prüfung und Risikoabschätzung empfehlen.

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