Crowdinvesting (auch „Schwarmfinanzierung“ genannt) ist eine junge Finanzierungsform, bei der sich eine Vielzahl von (Klein-) Anlegern (die sog. „Crowd“) über spezialisierte Internet-Dienstleistungsportale („Crowdinvesting-Plattformen“) an Unternehmen beteiligen. Als Gegenleistung für die Kapitalbereitstellung erhalten die Anleger üblicherweise eine Beteiligung an laufenden Gewinnen sowie an Erlösen beim Verkauf des Unternehmens.
Neben der Unternehmensfinanzierung gewinnt das Crowdinvesting ebenfalls zunehmende Bedeutung für die Finanzierung von Immobilienprojekten.
Die nachfolgenden Ausführungen haben ihren Schwerpunkt auf dem Crowdinvesting als alternativer Form der Unternehmensfinanzierung, lassen sich im Kern aber auch auf Immobilienprojekte übertragen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Crowdinvesting durch Immobilienprojektgesellschaften durchgeführt werden soll.
Für wen kommt Crowdinvesting in Betracht?
Grundsätzlich kommt diese Form der Unternehmensfinanzierung für alle Unternehmen in Betracht. Einschränkungen können sich aus den unterschiedlichen Anforderungen der Crowdinvesting-Plattformen selbst ergeben. So wird zum Teil eine bestimmte Rechtsform (i.d.R. GmbH oder UG haftungsbeschränkt) des Unternehmens vorausgesetzt. Einige Plattformen stellen zudem qualitative Anforderungen an das Geschäftsmodell, den vom Unternehmen einzureichenden Businessplan oder den Stand der Produktentwicklung des Unternehmens. Oftmals fehlt es jedoch an festgelegten Kriterien, anhand derer die jeweilige Crowdinvesting-Plattform das Vorliegen der qualitativen Anforderungen überprüft. Vielmehr dürfte für die Crowdinvesting-Plattformen die Erfolgswahrscheinlichkeit der Kampagne ein entscheidendes Kriterium für die Zulassung sein, da vom Erfolg der Kampagne auch die Vergütung der Crowdinvesting-Plattform abhängt.
Welche Kriterien sollten beachtet werden?
Auch wenn eine Crowdinvesting-Finanzierung im Grundsatz für jedes Unternehmen in Betracht kommt, sollte immer anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden, ob diese Art der Unternehmensfinanzierung tatsächlich für das Unternehmen zweckmäßig ist. Entscheidungserhebliche Kriterien sind hierbei unter anderem:
- Verständlichkeit / Attraktivität des Geschäftsmodells
- Höhe und Dringlichkeit des Kapitalbedarfs
- Wachstumspotential des Unternehmens
- Zugang zu anderen Finanzierungsformen
- Anschlussfinanzierbarkeit
- Steuerliche oder gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte
In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich eine Unternehmensfinanzierung mit Crowdinvesting insbesondere für solche Unternehmen eignet, die über eine einfache, für die Crowd verständliche Geschäftsidee, ein ausgeprägtes Alleinstellungsmerkmal (sog. „Unique Selling Proposition“, abgekürzt: USP) sowie ein ausgereiftes und skalierbares Geschäftsmodell verfügen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist weiterhin die Fähigkeit der beteiligten Unternehmer, Menschen für ihre Idee zu begeistern.
Im Gegensatz hierzu ist Crowdinvesting als Finanzierungsoption weniger geeignet für komplexe und/oder komplizierte Geschäftsmodelle, die besonders erklärungsbedürftig sind.
Artikelreihe ‘Crowdinvesting’:
- Teil I: Was ist Crowdinvesting und kommt es als Finanzierungsform für mein Unternehmen in Betracht?
- Teil II: Welche Vorteile und Nachteile hat Crowdinvesting
- Teil III: Welche Beteiligungsformen gibt es und worin liegen die Unterschiede – Eine Einführung
- Teil IV: Eigenkapitalbeteiligungen
- Teil V: (Atypisch) Stille Beteiligungen
- Teil VI: Genussrechte
- Teil VII: Partiarische Nachrangdarlehen
- Teil VIII: Pooling-Modelle
- Teil IX: Die Qual der Wahl: welche Plattform und welches Crowdinvesting-Modell passen zu meinem Unternehmen?
- Teil X: Welche Pflichten sind mit einer Crowdinvesting-Finanzierung verbunden – Ein Überblick
- Teil XI: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 1: Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz
- Teil XII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 2: Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz
- Teil XIII: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 3: Ausnahmen von der Prospektpflicht und Widerrufsrecht
- Teil XIV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 4: Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB)
- Teil XV: Informationspflichten im Vorfeld – Teil 5: Vertragliche Informationspflichten
- Teil XVI: Nachgelagerte Informationspflichten
- Teil XVII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 1
- Teil XVIII: Welche rechtlichen Risiken können sich aus einer Crowdinvesting-Finanzierung ergeben? – Teil 2
- Teil XIX: Fazit und Ausblick