Nach einem neuen Urteil des OLG München müssen Online-Händler sämtliche wesentliche Eigenschaften des verkauften Produktes im Checkout-Prozess noch einmal vollständig über dem Bestell-Button auflisten. Eine Verlinkung zur Produkt- oder Herstellerseite ist nicht ausreichend. In diesem #StartupBriefing erläutern wir euch die Pflichten für Online-Händler, die sich aus dem neuen Urteil ergeben und stellen euch den neuen Aufbau einer Checkout-Seite aus rechtlicher Sicht dar.
I. Bestellbutton und weitere Informationspflichten
Bereits seit der Verbraucherrechtsreform 2012 sind Onlinehändler verpflichtet, Verbraucher beim Vertragsschluss im Internet vor dem Abschluss eines Vertrages auf dessen Kostenpflichtigkeit hinzuweisen. Diese Hinweispflicht wird mit der sog. Button-Lösung erfüllt. Der Online-Händler bindet dazu auf der Bestellabschlussseite einen Button mit Hinweisen wie „kostenpflichtig bestellen“ oder „jetzt kaufen“ ein. Für den Verbraucher muss erkennbar sein, dass er einen kostenpflichtigen Vertrag abschließt, wenn er den Button mit einem Klick bestätigt. Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist, den Verbraucher vor ungewollten Kosten- und Abofallen zu schützen.
Neben dem Button müssen auf der Bestellabschlussseite im Checkout-Prozess weitere Informationspflichten erfüllt werden. So müssen u.a. die wesentlichen Eigenschaften des Produktes klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung gestellt werden.
II. OLG München: Art und Weise der Darstellung wesentlicher Eigenschaften
Auf welche Art und Weise diese wesentlichen Eigenschaften auf der Bestellabschlussseite zur Verfügung gestellt werden müssen, hat das OLG München jetzt in seinem Urteil konkretisiert.
Im Verfahren hatte eine Wettbewerbszentrale gegen den Online-Riesen Amazon wegen Verletzung dieser Informationspflichten geklagt. Konkret ging es u.a. um einen Sonnenschirm und ein Damenkleid, die jeweils über Amazon zum Kauf angeboten wurden.
Auf der Produktseite des Schirms wurden umfangreiche Maße und Daten angegeben, im Übrigen wurde auf die Herstellerwebsite verwiesen, die verlinkt war. Im Rahmen des Checkout-Prozesses wurde auf der Bestellabschlussseite lediglich ein Foto, die Bezeichnung, die Größe und Preis des Schirms angezeigt, ein Link auf die Produktseite war nicht enthalten.
Ähnlich verhielt es sich mit dem Damenkleid. Alle wesentlichen Eigenschaften waren auf der Produktseite dargestellt. Auf der Bestellabschlussseite waren jedoch nur die Bezeichnung, die Farbe und die Größe des Kleides angegeben.
III. Auflistung der Informationen zu wesentlichen Eigenschaften unmittelbar vor Kaufabschluss erforderlich
Die Wettbewerbszentrale stützt sich in ihrer Argumentation darauf, dass nicht alle wesentlichen Eigenschaften des Schirms und des Kleides auf der Bestellabschlussseite dargestellt wurden. Wesentliche Eigenschaften seien v.a. das Material des Bezugsstoffs und des Gestells sowie das Gewicht des Schirms. Wesentliche Eigenschaft des Kleides sei v.a. das Material des Kleides.
Amazon hielt dagegen, dass sämtliche Informationen auf den Produktseiten verfügbar seien. Im Warenkorb würde zudem auf die jeweilige Produktseite verlinkt, sodass der Verbraucher Zugriff auf alle wesentlichen Produkteigenschaften habe.
Das OLG München folgte in seinem Urteil der Argumentation der Wettbewerbszentrale. Alle wesentlichen Eigenschaften müssen im Rahmen des Checkout-Prozesses auf der Bestellabschlussseite unmittelbar vor dem Abschicken der Bestellung über den Bestellbutton übersichtshalber aufgelistet werden. Keinesfalls genügt es, wenn die betreffenden Informationen erst über einen gesonderten Link erreichbar oder nur einem gesondert herunterzuladendem Dokument entnehmbar sind.
IV. Wesentliche Eigenschaften eines Produktes
Online-Händler sind daher angehalten, ihre Checkout-Prozesse entsprechend umzustellen und sämtliche wesentliche Produkteigenschaften auf der Bestellabschlussseite bereit zu halten und übersichtlich darzustellen.
Welche Eigenschaften eines Produktes letztendlich als „wesentlich“ gelten, muss im Einzelfall im Rahmen einer wertenden Betrachtung ermittelt werden. Maßgebend ist laut Urteil des OLG München eine Beschreibung, aus der der Verbraucher die für seine Entscheidung maßgeblichen Merkmale entnehmen kann. D.h. für unterschiedliche Produkte können unterschiedliche Eigenschaften wesentlich sein. Zu den wesentlichen Eigenschaften zählen daher z.B. Größe, Materialien, Pflegeanleitungen, Farbe, Gewicht, Beschaffenheit sowie das Packmaß.
Neben der Darstellung der wesentlichen Eigenschaften des Produktes sind weitere Informationspflichten, wie Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen zu erfüllen. Die Informationspflichten ergeben sich im Wesentlichen aus § 246 a EGBGB und unterscheiden sich nach Art des Vertrages bzw. nach den angebotenen Produkten und Dienstleistungen.
Zudem muss der Verbraucher die Möglichkeit haben, sämtliche Angaben wie Rechnung- und Lieferadresse, Zahlungsart, Gesamtpreis, Lieferdatum noch einmal auf der Bestellabschlussseite einzusehen und ggf. zu korrigieren oder den Prozess abbrechen zu können.
V. Rechtliche Konsequenz
Kommt ein Onlinehändler seinen Informationspflichten nicht im erforderlichen Maße nach und führt insbesondere die für das Produkt wesentlichen Eigenschaften nicht noch einmal explizit auf der Bestellabschlussseite, stellt dies einen abmahnfähigen Verstoß dar. Online-Händler setzen sich damit dem Risiko von Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen aus.
Fazit – Hierauf ist zu achten!
- Wesentliche Merkmale des jeweiligen Produktes, z.B. Material, Größe, Gewicht oder Pflegeanleitungen sind unmittelbar vor Kaufabschluss auf der Bestellabschlussseite erneut vollständig aufzulisten.
- Ein Link auf die Produktseite oder ein herunterzuladendes Dokument sind nicht ausreichend, um diese Informationspflicht zu erfüllen.
- Für unterschiedliche Produkte können unterschiedliche Eigenschaften wesentlich sein.
- Auch sonstige Informationspflichten sind auf der Bestellabschlussseite zu erfüllen.
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